als die Tage wie Jahre
vergingen, konnten wir
es kaum erwarten
seit die Jahre wie Tage
vergehen, würden wir
lieber noch zuwarten
Leben, Überleben
Totensonntag
an euch, meine lieben Toten und Sterbenden,
denke ich heute – nein, an euch denke ich
nahezu jeden Tag: auf diese Weise habe ich
Totenmontag
Totendienstag
Totenmittwoch
Totendonnerstag
Totenfreitag
Totensamstag
Totensonntag
rund ums Jahr
alles hat seine Zeit
für Conny
alles hat seine Zeit: aber wenn
die Zeit gekommen ist, bleibt
für alles keine Zeit mehr
wobei: alles müsste es auch gar nicht sein –
nur etwas mehr Zeit wäre schon noch schön
(doch auch nicht um jeden Preis)
Glück (ein Definitionsversuch)
Glück
ist diese kleine Insel
im großen Meer aus
Leid
Weltweh
wo, bitte, ist dieser Spalt
in der Welt, wo ich nur durch-
schlüpfen muss, um wieder
dort anzukommen, wo es
keines Spalts bedarf?
UnterKörperSprache
aus dem Bauch heraus
würde ich sagen:
in den Schoß gefallen
ist mir nichts –
ich musste mir für alles
den Arsch aufreißen
Schlechtwetterfront
ich stapfe durch den Schnee von gestern
und stochere zaghaft bang im Nebel.
bald schon hagelt es Erinnerungen –
und ich stehe (wie so oft) im Regen.
dann stecke ich wieder tief im Tief:
ach, was bin ich niedergeschlagen!
was geht
für Conny
mit Dir gehen –
auch wenn der Weg schwer zu gehen ist
mit Dir gehen –
so lange und so weit es irgendwie geht
Dich gehen lassen –
wenn es wirklich gar nicht mehr anders geht
aber bis dahin –
mit Dir gehen
Herbstverse
schreib auf jedes Blatt
ein Wort und warte
auf den Wind
leuchten
werden deine Worte
später dir
im Nebel
mein Reim auf sterben
ja, ich mach mir meinen Reim
auf sterben:
erben –
das betrifft mich dann nicht mehr
(darüber freue ich mich sehr)
färben –
wird es mich: erst rot, dann blass
(Mischtechnik? Acryl? oder Nass auf Nass?)
gerben –
wird es meine alte Haut
(und die Knochen lässt es krachen laut)
Kerben –
ritz ich in meinen Lebensstock
(viele noch, so hoff ich – darauf hätt ich Bock)
Scherben –
hinterlass ich euch zu Hauf
(wer räumt die dann wieder auf?)
Serben –
betrifft es nicht allein
(alle werden doch dabei wir sein)
Verben, die derben und herben –
nur die find ich dafür
(und andere Wortarten ich noch dazu schnür)
Verderben –
dahin führt es mich eventuell –
(oder daraus heraus – wer weiß? – ganz schnell)
werben –
muss man dafür nicht
(all inclusive gibt es das für jeden Wicht)
ja, ich mach mir meinen Reim
auf sterben –
schade, dass es nicht reimt
auf werden
Gerade rechtzeitig zu Allerseelen ist meine Webseite wieder flott – Dank an Thomas, meinen Host!
irre irr
selbst in einem Irrgarten
gibt es nicht nur Irrwege
doch ein Irrlicht hilft
uns Irrläufern nicht
auf unserer Irrfahrt
durch unser Irrenhaus
es ist ein Irrglaube, eine Irrlehre, ein Irrtum:
dass Irren menschlich sei (manchmal
kann Irren irrsinnig unmenschlich sein)
irr werde ich
am Irrsinn unserer Zeit
(mag es euch auch irritieren):
irre irr
toccata e fuga
toccata – eine geschlagene
ist die Welt, wir improvisieren
Leben, in seinen Tasten
spüren wir Schlag
um Schlag
e fuga – und Flucht
allenthalben, die flüchtige
Hoffnung, noch flüchten
zu können, wo die Welt
aus den Fugen, nur noch fliehen
aus dieser Welt –
doch wohin?
Von Petra Pawlofsky dankenswerterweise reblogged auf ihrem wunderbaren Blog „DA SEIN IM NETZ": https://ppawlo.com/2023/12/01/lyrifants-toccata-e-fuga-und-mein-bild-wohin-nur/