was haben wir nicht schon alles verloren:
Schlüssel (immer wieder), Zeit und Geld,
den Glauben, die Geduld, den Mut,
unsere Unschuld, unsere Liebesmüh,
Freunde (an den Tod und an das Leben),
den Vater, die Mutter, den Mann, die Frau,
den Bruder, die Schwester, die Tochter, den Sohn,
Haare auch, manchmal ein paar Kilos,
das Bein, den Arm, unser Herz,
ganze Kriege – und jetzt sogar den Frieden,
Sicherheit und Gewissheit,
ja, die Sprache und nun auch noch
uns
wir sind verloren,
alles haben wir verloren,
wir haben nichts mehr zu verlieren:
was habe ich dann hier noch
verloren
Leben, Überleben
blaues Wunder?
es wird uns grauen: wenn wir am Ende
in dieser braunen Scheiße sitzen werden –
was, bitte, habt ihr nicht verstanden
an dieser Rede vom „blauen Wunder“?
ich habe Angst
ich habe Angst
vor diesen selbsternannten Putinverstehern
(die uns Pazifisten „Putinversteher“ schimpfen)
und die nun so zahllos die Talkshows bevölkern
und ganz genau wissen, was dieser Putin will
und was nicht, auf dass sie endlich kriegen, was
sie wollen: und das ist Krieg – und die nur eines
nicht tun: und das ist Verstehen
ich habe Angst
Dunkelflaute
kein Wind, der
mich trägt
kein Sonnenlicht, das
mich wärmt
und ich
bin ohne Energie
für mein Leben gern
ja, ich lebe
für mein Leben gern
und Tod und Teufel
würde ich darum geben:
auch für mein Leben gern
zu sterben
mein neues Mantra
nicht mehr abwarten:
nur Tee trinken
nebenan
für Conny, Anke und Claudia
vielleicht
sind die Toten einfach nur
nebenan
und vielleicht
kann ich – wenn ich ganz still bin –
sie hören
Stern, Du
für Conny
noch lange
sehen wir das Licht von Sternen, die erloschen sind
schon längst
Stern, Du
leuchten wirst auch Du uns
lange noch
für Dich
Conny zum Gedenken – Ruhe in Frieden und Danke, dass wir Dich bei uns haben durften!
trauriger Abschied
– gewiss – für uns
für Dich – hoffentlich –
glückliche Heimkehr
Jahr und Tag
als die Tage wie Jahre
vergingen, konnten wir
es kaum erwarten
seit die Jahre wie Tage
vergehen, würden wir
lieber noch zuwarten
Totensonntag
an euch, meine lieben Toten und Sterbenden,
denke ich heute – nein, an euch denke ich
nahezu jeden Tag: auf diese Weise habe ich
Totenmontag
Totendienstag
Totenmittwoch
Totendonnerstag
Totenfreitag
Totensamstag
Totensonntag
rund ums Jahr
alles hat seine Zeit
für Conny
alles hat seine Zeit: aber wenn
die Zeit gekommen ist, bleibt
für alles keine Zeit mehr
wobei: alles müsste es auch gar nicht sein –
nur etwas mehr Zeit wäre schon noch schön
(doch auch nicht um jeden Preis)