ich versteh die Welt nicht mehr

ich versteh die Welt nicht mehr.
die Wörter ich vernehme wohl –
allein ihr Sinn bleibt für mich hohl.
ich dachte immer, dass ich weiß,
was Krieg, was Frieden, was Angriff heiß‘.
doch derzeit fällt ein Urteil schwer:
ich versteh die Welt nicht mehr.
zwar wollen’s viele mir erklären
und binden mir doch auf nur Bären.
nur eine Meinung – aus und Amen!
keiner nennt mehr bei dem Namen,
was Sache ist, was nötig wär:
ich versteh die Welt nicht mehr.

auf der falschen Schiene

zu den Ostermärschen 2024 (nötiger denn je!)

wir sind auf der falschen Schiene –
aber sowas von auf der falschen Schiene –
but no way to slow down
wir denken nicht einmal dran –
oder wenn, gibt’s die Keule –
no way to slow down
es ist ein Alptraum –
aber er ist real –
wir sind auf der falschen Schiene –
auf der ganz falschen Schiene –
no way
out

ich habe Angst

ich habe Angst
vor diesen selbsternannten Putinverstehern
(die uns Pazifisten „Putinversteher“ schimpfen)
und die nun so zahllos die Talkshows bevölkern
und ganz genau wissen, was dieser Putin will
und was nicht, auf dass sie endlich kriegen, was
sie wollen: und das ist Krieg – und die nur eines
nicht tun: und das ist Verstehen

ich habe Angst

Unwort des Tages

ein Gedicht
verdient es nicht.

aber ich muss es beim Namen nennen:
„Remigration“ ist ein Unwort für ein Unding
und (dies zynisch in Potenz) ein Fremdwort,
das nur dürftig ein Deutschwort verbrämt
für ein Deutschding, das schon einmal
(und dies an einem Ort ganz in der Nähe)
pedantisch deutsch geplant wurde.

Mein Entsetzen kann ich gar nicht in Worte fassen über das, was da offenbar geschieht:

https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/

irre irr

selbst in einem Irrgarten
gibt es nicht nur Irrwege

doch ein Irrlicht hilft
uns Irrläufern nicht
auf unserer Irrfahrt
durch unser Irrenhaus

es ist ein Irrglaube, eine Irrlehre, ein Irrtum:
dass Irren menschlich sei (manchmal
kann Irren irrsinnig unmenschlich sein)

irr werde ich
am Irrsinn unserer Zeit
(mag es euch auch irritieren):
irre irr

für und gegen

wer für x ist, ist gegen y,
ist anti-y, ist pro böses x –
so einfach ist das heute

doch: wer für x ist, ist vielleicht
einfach nur für x und nicht
gegen y, sondern ist vielleicht
auch für y, und wer für x ist, ist
vielleicht nicht in allem für x –
so kompliziert kann es sein

wer für y ist, muss gegen x
sein, will er nicht anti-y sein –
das ist das Gebot der Stunde

so einfach aber ist das
für mich nicht: ich bin
für für und gegen gegen,
aber manchmal auch
für gegen und gegen für

vor allem aber wünsche ich mir
wieder mehr Differenzierung

toccata e fuga

toccata – eine geschlagene
ist die Welt, wir improvisieren
Leben, in seinen Tasten
spüren wir Schlag
um Schlag

e fuga – und Flucht
allenthalben, die flüchtige
Hoffnung, noch flüchten
zu können, wo die Welt
aus den Fugen, nur noch fliehen
aus dieser Welt –
doch wohin?

Von Petra Pawlofsky dankenswerterweise reblogged auf ihrem wunderbaren Blog „DA SEIN IM NETZ": https://ppawlo.com/2023/12/01/lyrifants-toccata-e-fuga-und-mein-bild-wohin-nur/