eine Dichterin? – das bin ich nicht, nur
eine Odenseehäsin von Geburt, bald
eine Wortwälderin, später dann
eine Reimländerin (um nicht zu sagen:
eine Reimzerin), mal für ein Jahr
eine Versewienerin – und nun auch
endlich! (zumindest von Zeit zu Zeit)
eine Wahl-Märlinerin, nein halt! –
genauer: eine Pegasusgespanndauerin
nur eine Dichterin – das bin ich sicher nicht!
und dies hier ist auch kein Gedicht
was anfangen
was anfangen
mit meinem Leben?
statt immer wieder
mich dies zu fragen:
vielleicht sollte ich
einfach anfangen
zu leben?
aber wie, wenn ich
von Anfang an
den Anfang
verpasst habe?
60 Jahre alt – und noch immer gleich ratlos wie zu Beginn … Ob das im nächsten Lebensjahrzent besser wird?
ich
ich bin nicht die geblieben,
die ich einmal war.
ich bin nicht die geworden,
die ich hatte werden wollen.
ich könnte jetzt sagen: ich bin die,
die ich eben bin. doch bin ich das?
bin ich nicht doch auch die,
die ich einmal war, und die,
die ich hatte werden wollen –
nur eben als die, die ich
jetzt bin oder die ich jetzt
zumindest glaube zu sein?
RDS-Tage
wenn alles
auf dem Kopf
steht, rutscht mir
das Herz ins Hirn
und der Darm
nimmt alles
in die Hand
und ich
kann nur noch
mit dem Anus
denken
was wir sind
wir sind geworden, was
man von uns erwartet hat:
wir sind, was man ist
man hatte von uns erwartet, dass
wir werden, was man wird: wir wurden, was
man von uns erwartete, dass wir es würden
was man so nicht erwarten kann:
dass wir sind, was wir sind
Finten
was, wenn das Leben
vielleicht nur eine Finte
des Todes wäre?
und was, wenn dieser Gedanke
nur eine Finte des Lebens wäre, um
den Tod hinters Licht zu führen?
Ansichtssache
„So schnell
stirbt es sich nicht“,
pflegte mein Arzt
zu sagen.
„Korrekt“, bestätigt
die Schildkröte.
„Einspruch“, protestiert
die Eintagsfliege.
„Schnell
wäre mir lieber, aber bitte
nicht so bald“,
denke ich.
mitten im Tod
Media vita in morte sumus.
mitten im Leben
sind wir im Tod –
so heißt es
schöner wäre dies:
mitten im Tod
lasst uns im Leben sein
Mutter und Tochter
wenn ich an uns denke, bist du
meine Mutter und ich deine Tochter:
die Tochter meiner Mutter
wenn du an uns denkst, bin ich
deine Tochter und du meine Mutter:
die Mutter deiner Tochter
wozu noch?
wozu noch? wozu?
alles geht zu. zu um zu.
ich bleibe wo? wo bin ich noch?
kein wohin mehr, kein wozu.
wozu noch? wozu?
auf gut Glück
an manchen Tagen
bleiben die Wörter stur
in ihren Ecken hocken
kein Reim
kann sie locken, sie
bocken und zicken
und mir bleibt nur
zu nicken und
zocken
bessere Tage
einst
werden bessere Tage
kommen, gewiss – allerdings
werden diese besseren Tage
gewiss schlechter sein als
die schlechteren Tage
von einst