Elefanten
trauern um ihre Toten
Lyrifanten
singen für sie
Leben, Überleben
mein Trauerhaus. ein Traum
für alle, die schon gegangen sind und noch gehen werden
die Trauer hat
(so träume ich)
ein richtig großes Haus
mit vielen schönen Zimmern
aus jedem Fenster
(so träum ich mir)
schaut glücklich lachend ihr heraus:
wie wundert euch mein Wimmern
aus seiner Mitte
(so träum ich fort)
ein kleiner Garten führt hinaus:
wie sanft und licht sein grünes Schimmern
in diesem Raum
(verspricht mein Traum)
hat meine Trauer einen Ort,
wo ich an euch mich kann erinnern –
von Zeit zu Zeit
in Ewigkeit
Einsicht, angesichts des Todes
im Gedenken an Anke und Claudia
(auf dass Ihr beide nun eine wirklich glückliche Zeit habt)
dass im Angesicht des Todes
der Tod wünschenswerter als
das Leben erscheint, gehört zu
den Absurditäten des Lebens
ultimative Drohung
Tod, lass es dir gesagt sein:
wenn ich dich – lebend – irgendwo
erwische, bring ich dich um
halten oder lassen?
für Anke
Du sagst:
„Ich will jetzt noch nicht gehen.“
Ich antworte:
„Du gehst jetzt auch noch nicht.“
Du sagst:
„Wenn es jetzt eben so weit ist.“
Und ich frage mich:
Wenn es jetzt eben so weit ist
(doch ist es wirklich schon soweit?):
was hilft Dir dann mehr –
halten oder lassen?
Hoffnung
für Anke
zwischen Hoffen und Hoffen
ein Funken Hoffnung
und noch viel mehr
Angst
böses Erwachen
ein aufgewecktes Kind
war ich. und doch war ich
nie wach genug, um nicht
mein Leben zu verschlafen
jetzt, da ich erwacht, bin
dennoch nur noch müde ich –
todmüde, wenn nicht gar:
lebensmüde
Schafzeit
Ich sehne mich so
Herman Van Veen, Bis jemand mich hört
Nach einem positiven Geräusch…
es wär an der Zeit
für ein Schaf oder zwei:
mit der Hand übers dichte Fell
und mit der Nase tief hinein –
und ihr Blöken könnte
beruhigend wirken …
und vielleicht gelingt mir mit dem Schaf
mal wieder ein ganz tiefer Schlaf
Kirschblütenfest

die alten Bäume
singen wieder – himmelwärts –
Lieder, rosarot
was ist denn das?
ich kann nichts mehr lupfen,
ich kann nicht mehr hupfen,
es hört einfach nicht auf,
mich an der Nase zu zupfen,
mich stets unsanft zu stupfen,
überall Schleim hin zu tupfen
und mich erbarmungslos zu rupfen:
ich glaub, ich hab den Dauer-Schnupfen
was anfangen
was anfangen
mit meinem Leben?
statt immer wieder
mich dies zu fragen:
vielleicht sollte ich
einfach anfangen
zu leben?
aber wie, wenn ich
von Anfang an
den Anfang
verpasst habe?
60 Jahre alt – und noch immer gleich ratlos wie zu Beginn … Ob das im nächsten Lebensjahrzent besser wird?
ich
ich bin nicht die geblieben,
die ich einmal war.
ich bin nicht die geworden,
die ich hatte werden wollen.
ich könnte jetzt sagen: ich bin die,
die ich eben bin. doch bin ich das?
bin ich nicht doch auch die,
die ich einmal war, und die,
die ich hatte werden wollen –
nur eben als die, die ich
jetzt bin oder die ich jetzt
zumindest glaube zu sein?