sagt, was braucht’s in diesen Tagen?
ich mein’: mehr Licht! – mehr nicht?
kaum mehr. doch lasst mich euch noch sagen:
Vernunft ist’s, an der es ebenfalls gebricht!
Autor: Lyrifant
sage und schreibe
sag, ist es nicht unsäglich,
dass das Unsagbare
wieder sagbar ist?
was siehst du?
Sieht man wirklich nur, was man weiß?
Weiß man überhaupt, was man sieht?
schau hin: was siehst du?
siehst du, wie sich die Otter
(oder sind es gar Lemminge?)
in Scharen einer nach dem anderen
kopfüber ins Wasser stürzen?
oder siehst du nur, wie sich
die alte krummgewachsene Birke
auf der sich wellenden Oberfläche
des grünen Sees spiegelt? –
schau hin: was siehst du?
das Grübel-Übel
eine kleine Grübelei
zum 5. Mai
ich grüble gern so für mich hin,
so hin und her und her und hin
und durchgrabe in Gedanken
nur Gedanken um Gedanken.
ich habe wohl – wie übel! –
einen Dübel im Oberstübel!
ich grübel hin, ich grübel her
und lebe nur noch in Gedanken,
ja, in Schranken aus Gedanken:
Zeit zum Leben bleibt nicht mehr.
und ich denk: all das üble Gegrüble
wird bringen bald mich noch ins Grüble!
in den Mai
komm, tanz mit mir
in den Mai
tanz mit mir
durch den Mai
und am Mai vorbei:
durch den Sommer
und das Jahr
tanz mit mir
den Mai und mehr
und sing mit mir
von Mai und mehr
und lach mit mir
in den Mai hinei‘
komm, tanz mit mir
in den Mai
halte mich
bitte halte mich, denn
ich kann mich nicht mehr halten
bitte halte mich, denn
ich halte mich so nicht mehr aus
bitte halte mich, denn
ich halte mich allein ins Haltlose
und bitte halte mich lange, denn
ich halte mich immer zu kurz
ich versteh die Welt nicht mehr
ich versteh die Welt nicht mehr.
die Wörter ich vernehme wohl –
allein ihr Sinn bleibt für mich hohl.
ich dachte immer, dass ich weiß,
was Krieg, was Frieden, was Angriff heiß‘.
doch derzeit fällt ein Urteil schwer:
ich versteh die Welt nicht mehr.
zwar wollen’s viele mir erklären
und binden mir doch auf nur Bären.
nur eine Meinung – aus und Amen!
keiner nennt mehr bei dem Namen,
was Sache ist, was nötig wär:
ich versteh die Welt nicht mehr.
groß oder klein
ein Kleiner unter Großen zwar
und doch nicht klein, nein –
vielmehr groß: und kein kleiner Tag
ist groß genug zu ehren
dies große kleine, kleine große Tier
zum Tag des Zwergflusspferds (an das mich mein PC heute mit diesem Bildchen erinnert hat)
auf der falschen Schiene
zu den Ostermärschen 2024 (nötiger denn je!)
wir sind auf der falschen Schiene –
aber sowas von auf der falschen Schiene –
but no way to slow down –
wir denken nicht einmal dran –
oder wenn, gibt’s die Keule –
no way to slow down –
es ist ein Alptraum –
aber er ist real –
wir sind auf der falschen Schiene –
auf der ganz falschen Schiene –
no way
out
verloren
was haben wir nicht schon alles verloren:
Schlüssel (immer wieder), Zeit und Geld,
den Glauben, die Geduld, den Mut,
unsere Unschuld, unsere Liebesmüh,
Freunde (an den Tod und an das Leben),
den Vater, die Mutter, den Mann, die Frau,
den Bruder, die Schwester, die Tochter, den Sohn,
Haare auch, manchmal ein paar Kilos,
das Bein, den Arm, unser Herz,
ganze Kriege – und jetzt sogar den Frieden,
Sicherheit und Gewissheit,
ja, die Sprache und nun auch noch
uns
wir sind verloren,
alles haben wir verloren,
wir haben nichts mehr zu verlieren:
was habe ich dann hier noch
verloren
Lyrifants erste abc-Etüde
Diese drei Wörter aus der Schreibeinladung von Christiane haben Lyrifant nicht mehr losgelassen, und so begibt sich Lyrifant jetzt auf ganz ungewohntes Terrain: Lyrifant als Prosafant, sozusagen …
Es muss kurz nach dem Abendbrot gewesen sein. Hatte sie da nicht gerade etwas aus der Küche gehört? So als ob jemand mit dem Geschirr hantierte? Aber das kann doch gar nicht sein! dachte sie, sie wohnte doch schon seit Jahren alleine in der Wohnung! Na, ausgezeichnet! dachte sie, ist es jetzt schon soweit? Werde ich jetzt verrückt? Sie stand auf, entschlossen, und ging in die Küche. Und tatsächlich! Da stand – tja, wie sollte sie es nennen? – so ein Wesen am Spülstein. Merkwürdig: Kein Mensch. Kein Tier. Kein Ding. Wohnte das jetzt hier? In ihrer Wohnung? Und sie begann, sich auf einmal unendlich heimatlos zu fühlen.
(m)ein geflügeltes Wort
auf fliegende Blätter gesetzte Wörter
sind noch keine geflügelten Worte –
und geflügelte Worte taugen
nicht per se zum Höhenflug
was kümmert‘s mich?
ich schreib mein Wort, gänzlich ungefiedert
und so gar nicht abgefedert, wohin ich will –
und lass im besten Fall es
fliegen