Alte Liebe

Einen Floh
hat mir die Liebe,
die alte Schelmin,
vor langer Zeit
ins Ohr gesetzt.
Ich kann ihn noch immer husten hören.

Deshalb habe ich
noch immer
einen Frosch im Hals,
bevor ich Dir sage,
dass ich Dich liebe,
Schmetterlinge im Bauch,
wenn ich Dich die Treppe
herauf kommen höre,
Hummeln im Hintern,
sobald ich zu lange
auf Dich warten muss –
wie am ersten Tag.

Sei kein Frosch!
sagt die Liebe.
Das sind kleine Kröten,
schluck sie!
Die Liebe bleibt eben
hochgradig
insektuös und amphib –
auch wenn die Bienen
nicht mehr so flott sind
wie am ersten Tag.

Fünf Lebensweisheiten

Pack die Schnecke bei den Hörnern
und den Stier bei den hängenden Ohren.

Blick dem Traum ins Auge
und der Realität ins gähnende Maul.

Pack das Pech beim Schopf
und das Glück an seinem wedelnden Schwanz.

Zieh dem Tod die Hammelbeine
und dem Leben die durchsichtigen Elfenflügel lang.

Steh mit beiden Beinen im Mist
und mit allen Sinnen im Leben.

Stubenvogel

Hinausgewagt
mit Trippelschritten,
kurzer Probeflug
auf den ersten Baum
vor dem Fenster.
Herzklopfender Innehalt
und Blick zurück
in die warme Stube:
Zu aber ist schon die Käfigtür –
Rückkehr unerwünscht!
Weiter also
– zögere nicht!
Folge den Raben
und erprobe
wie weit die Schwingen tragen,
die gestutzten.
Notfalls allein
von Ast zu Ast.
Blick ins Offene,
himmelwärts.