Happy Veggie Day

“Noch mal Schwein gehabt,”
grunzt das Schwein
und räkelt sich
ganz schweinisch auf seinem rosa Sofa.

“Das geht auf keine Kuhhaut,”
muht das Rind,
bevor es – brüllend wie ein Stier –
noch einmal auf Ochsentour geht.

“Da hab ich meine Schäfchen gerade noch ins Trockene gebracht,”
blökt das Lamm
und freut sich
auf sein Schäferstündchen mit dem Wolf.

“Morgen kräht kein Hahn mehr nach mir,”
gackert das Huhn
und legt noch schnell
ein goldenes Ei.

“Heute gibt es kalte Ente,”
quakt die Ente
und lässt sich mit Bowle volllaufen,
bis sie schwimmt.

“Ich glaub, mich tritt ein Pferd,”
wiehert das Pferd
und geht noch einmal
Pferde stehlen,
denn es fürchtet einen Pferdefuß.

Nur der Fisch bleibt stumm
und hofft, dass auch am
Happy Veggie Day
die Fische nicht doch
zum Gemüse zählen.

Chancen

Aus einem Lamm
wird nie ein Wolf.
Nur ein Schaf.

Allenfalls
ein Schaf im Wolfspelz.

Doch wer weiß?
Wenn die Not unerträglich
und die Wut groß genug wird,

warum soll dann nicht
aus einem Lamm
ein Wolf,
ja ein Bär, ein Löwe
werden können?

Alte Liebe

Einen Floh
hat mir die Liebe,
die alte Schelmin,
vor langer Zeit
ins Ohr gesetzt.
Ich kann ihn noch immer husten hören.

Deshalb habe ich
noch immer
einen Frosch im Hals,
bevor ich Dir sage,
dass ich Dich liebe,
Schmetterlinge im Bauch,
wenn ich Dich die Treppe
herauf kommen höre,
Hummeln im Hintern,
sobald ich zu lange
auf Dich warten muss –
wie am ersten Tag.

Sei kein Frosch!
sagt die Liebe.
Das sind kleine Kröten,
schluck sie!
Die Liebe bleibt eben
hochgradig
insektuös und amphib –
auch wenn die Bienen
nicht mehr so flott sind
wie am ersten Tag.

Fünf Lebensweisheiten

Pack die Schnecke bei den Hörnern
und den Stier bei den hängenden Ohren.

Blick dem Traum ins Auge
und der Realität ins gähnende Maul.

Pack das Pech beim Schopf
und das Glück an seinem wedelnden Schwanz.

Zieh dem Tod die Hammelbeine
und dem Leben die durchsichtigen Elfenflügel lang.

Steh mit beiden Beinen im Mist
und mit allen Sinnen im Leben.

Stubenvogel

Hinausgewagt
mit Trippelschritten,
kurzer Probeflug
auf den ersten Baum
vor dem Fenster.
Herzklopfender Innehalt
und Blick zurück
in die warme Stube:
Zu aber ist schon die Käfigtür –
Rückkehr unerwünscht!
Weiter also
– zögere nicht!
Folge den Raben
und erprobe
wie weit die Schwingen tragen,
die gestutzten.
Notfalls allein
von Ast zu Ast.
Blick ins Offene,
himmelwärts.