Unwort des Tages

ein Gedicht
verdient es nicht.

aber ich muss es beim Namen nennen:
„Remigration“ ist ein Unwort für ein Unding
und (dies zynisch in Potenz) ein Fremdwort,
das nur dürftig ein Deutschwort verbrämt
für ein Deutschding, das schon einmal
(und dies an einem Ort ganz in der Nähe)
pedantisch deutsch geplant wurde.

Mein Entsetzen kann ich gar nicht in Worte fassen über das, was da offenbar geschieht:

https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/

Rassismus. Kein Gedicht

Ich gebe zu, es ist durchaus
ein verlockendes Narrativ:
Rassismus als Geisteskrankheit
zu begreifen.

Spinne weiter: Gehörten dann nicht
diese eine Partei und alle, die sie
wählen und unterstützen, in die
Psychiatrie? Oder zumindest doch
– im Dienste nationaler Sicherheit –
in Quarantäne?

Doch bedenke auch: Ließen wir uns
auf diese Diagnose ein, bedienten
wir uns der Rhetorik und der Metaphorik
derer, die genau dies wollen: Rassismus
als Krankheit einzelner Verwirrter
verharmlosen.

Nein, Rassismus ist keine Krankheit!
Rassismus ist Rassismus.
Kein Symptom.
Keine Diagnose.
Und erst recht kein Gedicht.

wir schaffen das

Der Kabarettist Arnulf Rating hat uns heute in seinem (sonst eher mäßigen) Programm endlich einmal übersetzt, was der Ausspruch “wir schaffen das” eigentlich – wenn man ihn nämlich vervollständigt –  bedeutet: “wir schaffen das Asylrecht ab”. Dieser kleine Gag am Rande hat mich zu dem folgenden Gedicht inspiriert.

wir schaffen das
wir schaffen das Asylrecht ab
wir schaffen das
wir schaffen das mit den Obergrenzen
wir schaffen das
wir schaffen das Boot zu leeren, das Meer zu füllen
wir schaffen das
wir schaffen das wunderschöne bunte Kriegsspielzeug an
wir schaffen das
wir schaffen das christliche Willkommenskulturgedöns weg
wir schaffen das
wir schaffen das ganz große Geld noch rechtzeitig für uns beiseite
wir schaffen das
wir schaffen das türkische Flüchtlingsentsorgungskommitee herbei
wir schaffen das
wir schaffen das gottverdammte Asylantenpack sofort zurück nach Hause
wir schaffen das
wir schaffen das „Refugees welcome“-Gesocks gleich mit rüber übers Meer
wir schaffen das
wir schaffen dass kein Flüchtling mehr lebendig über unsere Grenzen kommt
wir schaffen das

Der Unbär

Das schöne Wort “Unbär” in Heinrich Heines “Atta Troll. Ein Sommernachtstraum” (1841) hat mich zu diesem kleinen Text inspiriert.

„Ich bin doch kein Unbär“,
sagt der Bär, der von sich behauptet,
dass ihm nichts Bäriges fremd sei,
und er fügt hinzu, dass es doch
nur allzu bärig sei, wenn Inbären
Ausbären als Unterbären ansähen,
wodurch er sich als genau das
entlarvt, was mich veranlasst,
ihm jedwede Bärigkeit rundweg
abzusprechen, denn mit solchen
Äußerungen ist er einfach nur das,
was er demonstrativ leugnet zu sein:
ein Unbär.

Ausweisung

Wer sich nicht ausweisen kann,
wird ausgewiesen.

Wer ausgewiesen wird,
bleibt für immer ohne Ausweis.

Wer aber einen Ausweis hat,
darf ausweisen.

Wer ausweist,
ist ausgewiesen ausgewiesen.

Denn:
Eine Ausweisung
ist ein Ausweis
ausgewiesener

Unmenschlichkeit.

 

“Heimat – was zum Kuckuck?!” ist das Motto des diesjährigen Open Ohr-Festivals. Eine kleine Idee, die mir schon länger zum Thema “Ausweisung” im Kopf herumspukt, habe ich deshalb heute noch mal aufgegriffen und zu einem vorläufigen Ende gebracht; sie passt ganz gut dazu, denke ich.