wohl dem, der
ein Zuhause hat
Gedicht
Gedanken am internationalen Welttag gegen Rassismus
einen Flügel stutzen,
wenn die Köpfe bleiben?
hat bei einer Hydra
wenig Nutzen …
Hölderlin
Ich verstand die Stille des Aethers
Der Menschen Worte verstand ich nie.
aus: Friedrich Hölderlin, Da ich ein Knabe war (1798)
ein Gott, du,
ohne Göttergefährten,
hier im Land der Frömmler –
deine Sprache Donner
und Blitz, unerhört
komm! ins Offene
(Freund! möcht ich sagen,
doch darf ich’s denn?)
hier bist du’s, ein Gott,
in den Armen des Aethers:
er dich versteht, die Götter auch
(vermag ich’s denn?)
zum 250. Geburtstag von Friedrich Hölderlin
Die Locken des Knallfroschkönigs
sei kein Frosch,
quak ich mir zu, wenn
sich der Frosch in meinem Hals
zu groß aufbläst: Zeit für ein
frosch-forsches Wort, das
dem Frosch im Brunnen
zeigt, wo’s langgeht
zum Meer
Zeitgeist
der Gefahr ins Auge
singen
laut
gegen die Angst
doch
nur für dich
vor leeren Regalen
im Home-Office
“Dichter in dürftiger Zeit”
doch wer möchte sich schon
in diesen Tagen die Lunge
aus dem Leib schrei(b)en?
in Zeiten der Atemnot aber
täte uns eine Ode
auf den Odem
not
Verse, in Lurch und Molch
querversein
salamandere ich,
mooswortig, durch Blautau
und Untergrünholz, wo ich euch
singe meine Wiesenlieder
in Lurch und Molch,
versquer
und noch einmal: inspiriert durch den Band „Kröten“ aus der wundervollen Reihe „Naturkunden“ beim Verlag Matthes & Seitz
Blick.Winkel, im Zeichen der Kröte
Ein.Blick von ganz unten: Lieder
aus dem Schlamm, vorlauthals;
Gossenworte, grottig & krötig,
(Ab)Schaumpoesie
Ein.Blick von den Rändern: Lieder
vom Grenzrain, zwiespältig & zwielichtig;
Unkenzwischenrufe im Lurchgequak,
grenzenlos grenzwertig
Ein.Blick vom Ursprung: Lieder
aus dem Urgestein, uraltklug;
wandernd, bewandert, flötend &
krötend: tötend
Ein.Blick aus der Kriechspur: Lieder
von Erde und See, Amokröte noch im
pockennarbigen Gesicht; ein Kriechen
in fluiden Versen, subversiv & tief –
erdnah, seewärts
inspiriert durch den Band „Kröten“ aus der wundervollen Reihe „Naturkunden“ beim Verlag Matthes & Seitz
Rassismus. Kein Gedicht
Ich gebe zu, es ist durchaus
ein verlockendes Narrativ:
Rassismus als Geisteskrankheit
zu begreifen.
Spinne weiter: Gehörten dann nicht
diese eine Partei und alle, die sie
wählen und unterstützen, in die
Psychiatrie? Oder zumindest doch
– im Dienste nationaler Sicherheit –
in Quarantäne?
Doch bedenke auch: Ließen wir uns
auf diese Diagnose ein, bedienten
wir uns der Rhetorik und der Metaphorik
derer, die genau dies wollen: Rassismus
als Krankheit einzelner Verwirrter
verharmlosen.
Nein, Rassismus ist keine Krankheit!
Rassismus ist Rassismus.
Kein Symptom.
Keine Diagnose.
Und erst recht kein Gedicht.
Text um Text
mein Text
um deinen Text
und dein Text
über meinem Text
und mein Text
unter deinem Text
und dein Text
um meinen Text
mein Text
dein Text
ein Text
Turmgedicht
für Friedrich Hölderlin
getürmt
lebt es sich
höher, freier auch
Darf, wenn lauter Mühe das Leben, ein Mensch aufschauen und sagen: so will ich auch seyn? Ja.
aus dem Turmtief, das
heilignah den Wassern,
steigt auf der Geist
aetherwaerts
noch ist Bewegung:
aus jeder Stufe, jedem Stein
türmeln die Verse, turmschief
vielleicht, ins Turmhohe dennoch
der Turm, ein Verlies, ein Refugium –
hier ist der Dichter
endlich allein, ganz bei sich,
einsam zwar, doch das ist der Preis:
Leben ist Tod, und Tod ist auch ein Leben.
Gedanken anlässlich der Wiedereröffnung des Hölderlinturms in Tübingen zum Auftakt des Hölderlinjahres. Mit Zeilen aus ‘In lieblicher Bläue’ (1808).
Urworte, leguanisch
leguanisch sei
mein Wort
ein Schlitzblick, Zick
um Zack, auf die Echsenschnelle
das Ferne nah im Räubergriff –
schupppanzerunter
Geschicht über
Gedicht
im Einzelgang
will wechseln ich
die Verse wie
die Farbe
uralt sei mein Wort, wild
euch und fremd
inspiriert durch den Band “Eidechsen” aus der wundervollen Reihe “Naturkunden” beim Verlag Matthes & Seitz