auf den Punkt

eine Punktuelle

Ules feine Punkt-Reflexionen haben in mir einen (hihi!) Punkt angesprochen, über den ich schon länger nachdenke. Immer wieder hab ich mir überlegt, dass es schön wäre, ein Gedicht über den Punkt zu schreiben; aber noch schöner, wenn dies gleichzeitig eine heimliche Hommage an den Strichpunkt würde; denn gäbe es ihn nicht, müsste man ihn glatt erfinden! Findet Ihr nicht auch? Und eine neue lyrische Gattung gleich mit 😉

das ist der Punkt.

auf dem Punkt. wird er zum Doppelpunkt:
Punkt. für Punkt. wird er zum Strich –
das ist der neuralgische Punkt!
kein Punkt. mehr ein Strichpunkt;
ein wunder Punkt, ein Wunder

ohne Punkt. und Komma, kommst du
nur bis zu einem gewissen Punkt.
das ist ein schwacher Punkt.
niemals auf den Punkt. genau

am toten Punkt . erst dort ist
der springende Punkt. . .
das Pünktchen . auf dem i

(vielleicht ein strittiger Punkt?)

Des Kürenbergers Zinnenwechsel

ich stand spät nachts an einer Zinne:
singen hört ich ihn,
haben will ich ihn.
er schenk mir seine Minne – oder geh!

Ross und Boden ich sogleich gewinne:
fordern hört ich sie,
haben will mich sie.
von mir gibt’s keine Minne – ich geh!

Auch das nicht wirklich eine Übersetzung. Deshalb hier wieder das Original:

Ich stuont mir nehtint spâte an einer zinne,
dô hôrt ich einen rîter vil wol singen
in Kürenberges wîse al ûz der menigîn.
er muoz mir diu lant rûmen, alder ich geniete mich sîn.

Nu brinc mir her vil balde mîn ros, mîn isengewant,
wan ich muoz einer vrouwen rûmen diu lant,
diu wil mich des betwingen, daz ich ir holt sî.
si muoz der mîner minne iemer dárbènde sîn.

Des Kürenbergers Falkenlied

„in Lyrifants wîse“ (wie es Davina nennen würde)

hab ‘nen Falken aufgezogen:
erst gehegt, dann gepflegt,
sehr verwöhnt, sehr verschönt –
trotzdem ist er mir entflogen

hab ihn später fliegen sehen:
sehr gehegt, sehr gepflegt,
mehr verwöhnt, mehr verschönt –
ach, mögen Liebende zusammen gehen!

Eher eine freie Nachdichtung denn eine Übersetzung, lautet der mittelhochdeutsche Text dann doch ein wenig anders:

Ich zôch mir einen valken mêre danne ein jâr.
dô ich in gezamete, als ich in wolte hân,
und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant,
er huop sich ûf vil hôhe und vlouc in ándèriu lant.

Sît sach ich den valken schône vliegen,
er vuorte an sînem vuoze sîdîne riemen,
und was im sîn gevidere alrôt guldîn.
got sende sî zesamene, die gelíeb wéllen gerne sîn!

Lyrifants Falkenlied

der Falke ist entflogen.
allein ich steh hier an der Zinne.
niemanden hör ich singen
von Falken noch von Zinnen.

der Falke ist entflogen.
allein ich steh hier an der Zinne.
so sing ich vor mich hin
von Falken und von Zinnen.

den Falken seh ich fliegen
einsam von meiner Zinne aus.
wer wird einst noch singen
von Falken und von Zinnen?

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Dazu brauch ich erstmal eine Geschichte!

wer? was? was? wer?

wer was hat, ist wer?
wer wer ist, hat was?

wer was ist, sagt wer? sagt was?
wer wer ist, sagt was? sagt wer?
wer was hat, sagt wer? sagt was?
was wer hat, sagt was? sagt wer?
was was ist, sagt wer? sagt was?
was wer ist, sagt was? sagt wer?

wer was ist, hat was?
was wer hat, ist was?

wer ist wer?
was ist was?

wer? was?
was? wer?

wie jetzt?

polyphone gedichte (schlicht extemporiert)

(1)
mono ton nie
klang farben reich
takt los
halb ton, halb licht
inter mezzo con spirito
pan tonal total
chrom a tisch
polyp honig süß

(2)
meer als geräusch, meer als gerausch:
meerstimmig, meersinnig –
ein rausch

(3)
poesie im akkord: ein thema, zwei saiten
lyrik im kanon, gegen den kammerton:
ah! ein fliehendes wort auf der stimmgabel –
horch, wie es den vers
durchtönt!

(da capo al fine)