Des Kürenbergers Falkenlied

„in Lyrifants wîse“ (wie es Davina nennen würde)

hab ‘nen Falken aufgezogen:
erst gehegt, dann gepflegt,
sehr verwöhnt, sehr verschönt –
trotzdem ist er mir entflogen

hab ihn später fliegen sehen:
sehr gehegt, sehr gepflegt,
mehr verwöhnt, mehr verschönt –
ach, mögen Liebende zusammen gehen!

Eher eine freie Nachdichtung denn eine Übersetzung, lautet der mittelhochdeutsche Text dann doch ein wenig anders:

Ich zôch mir einen valken mêre danne ein jâr.
dô ich in gezamete, als ich in wolte hân,
und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant,
er huop sich ûf vil hôhe und vlouc in ándèriu lant.

Sît sach ich den valken schône vliegen,
er vuorte an sînem vuoze sîdîne riemen,
und was im sîn gevidere alrôt guldîn.
got sende sî zesamene, die gelíeb wéllen gerne sîn!

7 thoughts on “Des Kürenbergers Falkenlied

  1. Es ist ja mehr eine Zusammenfassung, da du gerade die schönen bildhaften Details in der Übersetzung weggelassen hast.
    Ein Gleichnis auf einen “undankbaren”, nicht käuflichen Geliebten?

    • Oh, Ule, wenn die Aussage so eindeutig geworden wäre (wobei ich in Richtung Käuflichkeit gar nicht gedacht habe), hätte meine Version ihr Ziel gründlich verfehlt. Hm, offenbar wieder ein Fall von “mehr gedacht als gedichtet” – aber Du hast Recht: Die schönen Bilder sind hin … lyrifantisch eben, mehr Sprachspiel als Sprachbild!

        • Ich hatte die Vieldeutigkeit des Liedes nicht reduzieren wollen, aber Deine dezidierte Lesart ließ mich jetzt doch fürchten, dass genau das passiert ist 🤔 – vielleicht starte ich irgendwann noch einen neuen Versuch damit.

  2. Oh, zu viel der Ehre, dass ich quasi mitverewigt wurde 🙂 Aber wie schön auch diese freien Nachdichtungen sind (den Zinnenwechsel kommentiere ich hier direkt mal mit); statt zu versuchen, die Lieder einfach nur zu übertragen (klappt sowieso nie ganz!), dichtet man mit ihnen und an ihnen weiter. So bleibt auch der gute alte Kürenberger aktuell!

    • Ehre, wem Ehre gebührt! – Wie aktuell der Kürenbergsche Machismo wirklich ist, darüber muss ich tatsächlich noch einmal nachdenken. Vielleicht schreib ich ja irgendwann noch einmal einen Gegensang 😉

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