Wer von Säuberungen spricht,
wird eine breite Spur von
Dreck, Schmutz und Unrat
hinterlassen. Sauber bleibt
noch nicht einmal seine Weste.
politische Lyrik
Welt, wohin?
Welt, wohin gehst du?
Welt, wohin führt das?
Welt, wohin bringt es uns?
Welt, wohin haben wir es gebacht?
Welt, wohin mit uns, wenn die Welt aus den Fugen ist?
Welt, wohin mit dir, wenn wir die Welt aus den Angeln heben?
Welt, wohin?
Sokratischer Widerstand
Ihr fragt uns nach
unseren Antworten
auf eure Fragen.
Wir aber antworten mit
unseren Fragen
auf eure Antworten.
Ausweisung
Wer sich nicht ausweisen kann,
wird ausgewiesen.
Wer ausgewiesen wird,
bleibt für immer ohne Ausweis.
Wer aber einen Ausweis hat,
darf ausweisen.
Wer ausweist,
ist ausgewiesen ausgewiesen.
Denn:
Eine Ausweisung
ist ein Ausweis
ausgewiesener
Unmenschlichkeit.
“Heimat – was zum Kuckuck?!” ist das Motto des diesjährigen Open Ohr-Festivals. Eine kleine Idee, die mir schon länger zum Thema “Ausweisung” im Kopf herumspukt, habe ich deshalb heute noch mal aufgegriffen und zu einem vorläufigen Ende gebracht; sie passt ganz gut dazu, denke ich.
Denkzettelwirtschaft
Ein Denkzettel
ist ein Denkfehler,
der sich in eine Gedankenwelt
aus Denkfallen verzettelt,
ist ein Denkschritt
in ein gedankenloses Denksystem,
das zu Denkfaulheit anzettelt,
statt einen Denkanstoß zu geben.
“Herzlich willkommen!” (VIII)
“Herzlich willkommen!”
rufen wir euch zu
und organisieren eure Massenabschiebung,
ohne uns die Hände schmutzig zu machen.
geschrieben gestern, am 4. April 2016 (unterwegs)
lasst uns weinen
wir weinten mit
Paris
wir weinen nun mit
Brüssel
wir weinten auch mit
New York
Madrid
London
und Moskau
und wir weinen nun auch mit
Ankara
und Istanbul
lasst uns auch weinen mit
Aleppo
Asadabad
Bagdad
Basra
Beirut
Damaskus
Erbil
Falludscha
Haditha
Homs
Iskandarija
Kabul
Kandahar
Kano
Kerbela
Kobane
Madagali
Maiduguri
Mogadishu
Mossul
Potiskum
Suruç
Takrit
Tel Tamer
Zabarmari
und all den anderen
allzu rasch wieder vergessenen
Opfern von Terror und Krieg
Idomeni
Die Angst brütet blutend
ihre kotigen Kinder aus.
Die Verzweiflung nimmt
sie in ihre nasse Obhut.
Der Mut blieb zurück
in den bitter tränenden
Maschen des Grenzzauns.
Im dreckigen Schlamm
versinkt die dünne Spur
der Hoffnung.
“Herzlich Willkommen!” (VII)
“Herzlich Willkommen!”
rufen wir euch zu
und machen euch zur neuen Währung in der EU.
Bitte einer Dünnhäutigen
Wer vollmundig
Brandanschläge gegen Asylheime verurteilt,
aber nur halbherzig
das Herz hat, die Brandstifter zu verfolgen –
Wer doppelzüngig
die Willkommenskultur feiert
und dabei engstirnig
die Stirn hat, die Grenzen zu schließen –
Wer pausbäckig und rotwangig
Europas Werte verteidigt
und großmäulig und breitbeinig
ein Integrationspflichtgesetz einfordert,
aber hochnäsig
über die Schutzsuchenden die Nase rümpft
und dickköpfig
nur Obergrenzen im Kopf hat –
der tritt leichtfüßig
des Menschen Recht mit Füßen,
der wirkt eigenhändig
der neuen Rechten in die Hände,
der läuft blauäugig
dem Abgrund ins Auge.
Dünnhäutig, wie ich bin,
habe ich nun
nur noch eine Bitte:
Bleibt feinfühlig,
hellhörig und
weitsichtig.
Nicht eigens dafür geschrieben, aber sicher auch ein Beitrag, der gut in das Projekt “Gegen das Vergessen” passt. Die anderen Beiträge zu diesem Projekt habe ich verlinkt unter meinem ersten Beitrag “gegen das vergessen”.
Was es braucht
Wo es an Feindbildern
keinen Mangel gibt,
bedarf es keiner Feinde.
Dort braucht es
gute Freunde.
Wer würde es wagen
Wer würde es wagen,
über Kinder
aus sozial bevorzugten Familien
mit Einheimischen-Hintergrund und
aus sogenannten bildungsnahen Schichten
den Stab zu brechen?