Aus-Zeit. Eine Art ‘Löffel-Liste’ *

Ich möchte aus alten Gewohnheiten
ausbrechen, vielleicht doch noch
auswandern, mir nicht nur Schönes
ausmalen, sondern überallhin
ausfliegen, nach allen Seiten
ausschwärmen, jeden Abend
ausgehen, jeden Morgen richtig
ausschlafen, nichts mehr
aussitzen, vor allem aber nie mehr
aussetzen, keine Torheit
auslassen, jede Menge Unsinn
aushecken, mir immer wieder Neues
ausdenken, viel Freude und Glück
aussäen, einfach alles
ausreizen, mich gänzlich
austoben, das Leben voll
auskosten, mich ganz und gar
ausleben und
aus.

*Für alle, die diesen wunderbaren Film “The Bucket List” (deutscher Titel: “Das Beste kommt zum Schluss”) und von daher diesen Ausdruck nicht kennen: Die ‘Löffel-Liste’ ist die Liste der Dinge, die man unbedingt noch machen will, bevor man ‘den Löffel abgibt’.

Besinnung

Wo
ist der Ort,
an den ich gehöre?
Hier.

Wann
ist die Zeit,
auf die ich warte?
Jetzt.

Wer
ist der Mensch,
zu dem ich werden möchte?
Ich.

Und mit diesen weihnachtlich-besinnlichen Versen wünsche ich all meinen treuen Leserinnen und Lesern ein paar stille und friedliche Weihnachtstage und ein gutes Neues Jahr. Habt Dank für Eure stete Begleitung, Euren Zu- und Widerspruch, wovon dieser Blog lebt.

Trilogie: Minnesangs Ich-Reflexionen – getroumet?

Ein inverses Tanka von Walther von der Vogelweide

Owê, war sint verswunden
alliu mîniu jâr?
ist mîn leben getroumet

oder ist ez wâr?
iemer mê ouwê!

Walther von der Vogelweide wäre nicht Walther von der Vogelweide, würde er sich an Regeln halten. Und so ist sein Tanka nicht nach dem traditionellen Muster 5-7-5 7-7 gebaut, sondern invers: 7-5-7 5-5. Die Verse sind dem Eingang seiner sog. ‘Elegie’ (L. 124,1) entnommen, kombiniert mit dem Refrain,  wobei ich nur ein wenig eingreifen musste, um die erforderliche Silbenzahl zu erhalten. Hier meine Übersetzung, die die Form zu bewahren sucht:

Ach, wohin sind verschwunden
all meine Jahre?
Ist mir mein Leben geträumt

oder ist es wahr?
Ach, für immer ach!

Diese Tanka-Variation eröffnet eine kleine Dreierreihe, für die ich Verse gewählt habe, die mich immer schon angesprungen, umgehauen und eingenommen haben.

#frapalymo 30-nov-16: Veränderung

Was für ein Abschluss: Der dreißigste und damit letzte Impuls – „was wir heute sind, sind wir morgen nicht – veränderung“ – passt doch nun wirklich! – Veränderung, das hat der frapalymo mit Sicherheit bewirkt: Letztes Jahr, als ich das erste Mal beim frapalymo mitgelesen habe, habe ich bei mir gedacht: “Da werde ich nie mitmachen! Gedichte auf Knopfdruck, das kann ich nicht.” Dieses Jahr dann hat es mich doch gereizt und gepackt – einfach mal als Selbsterfahrung, als Horizonterweiterung, als Schreibtraining… Und: Es war eine rundum gute Erfahrung! Ich will diesen Monat nicht missen, auch wenn ich mich darauf freue, ab morgen wieder “frei” zu sein und mir für meine Texte wieder die Zeit lassen zu können, die die Texte brauchen.
Aber von den Impulsen, die dieser November für mich bereitgehalten hat (und damit meine ich nicht nur die wunderbaren, sorgfältig ausgesuchten Impulse, die von Sophie ausgingen, sondern auch die Inspiration durch die vielen facettenreichen Umsetzungen der Mitfrapalymoist*innen – danke an Euch alle!) – von all diesen Impulsen werde ich wohl noch lange zehren… Ich bin gespannt, wie all diese Eindrücke aus diesem Monat in mir weiterarbeiten und wohin sie mich tragen werden. Und ich freue mich auf  die Veränderungen, die dieser Monat mit Euch in Gang bringen wird. DANKE!

 

Veränderung

Manchmal will ich
genau so bleiben,
wie ich gerade bin.

Manchmal will ich
auf keinen Fall so bleiben,
wie ich gerade bin.

Manchmal will ich
wieder genau so werden,
wie ich einmal war.

Manchmal will ich
genau so werden,
wie ich nie war und wie ich nicht bin.

Warum kann ich
nicht einfach sein,
wie ich bin?

Das wäre doch wahrlich
Veränderung genug.