ein prokrastinierendes Gedicht

für Fabio, der mich mit seinem aktuellen Post zu diesem Gedicht angeregt hat

bevor ich dieses Gedicht
schreiben kann, brauche ich
erst noch eine gute Idee

und bevor ich eine gute Idee
habe, muss ich mich erst noch
ein bisschen inspirieren lassen

und bevor ich mich inspirieren
lassen kann, muss ich erst noch
frische Luft schnappen gehen

doch bevor ich an die frische Luft
gehen kann, muss ich erst noch
einen Happen essen

aber davor muss ich noch

(ich schreib es morgen)

vergeblich

vergeblich
ist mein Ringen, mein Suchen:
kein Gedicht will mir gelingen –
oh, was könnte ich verfluchen
mich und meine Poeterei!
statt glänzend-schillernder Verse-Dinge
auf Pegasuses Wunderschwinge
nur klägliche eunuche Versuche,
nur Brei und Einerlei –
oh weiowei!
ich sollte es lieber mit Kuchen
versuchen; denn es wird wohl nichts
bringen, mich zum Singen
zu zwingen – außer
Eierei, gänzlich sinnfrei
und unerheblich

für mein Leben gern

was ich für mein Leben gern hätte:
ein Fenster mit Ausblick auf die Elefanten
und natürlich ein Flusspferd im Haus
und einen See vor dem Haus
oder zumindest in der Nähe
(für das Flusspferd, die Elefanten und mich)
und einen Menschen, mit dem ich
dieses Leben (und das Flusspferd
und den Ausblick auf die Elefanten
und den See) teilen kann

was ich habe: einen Menschen, der
mit mir sein Leben teilt und mit dem ich
meine verrückten Fantasien teilen darf
(und ich hab ihn für mein Leben gern)

Herbst 2024

die alte Saat ist wieder aufgegangen; und so
ist denn wieder Erntezeit in diesem Land, wo
„gesichert rechtsextrem“ inzwischen eher
eine Wahlempfehlung scheint, „Remigration“
plötzlich wie ganz selbstverständlich
auf der Tagesordnung steht und
die Forderung nach „Kriegstüchtigkeit“
Beliebtheitswerte in die Höhe schießen lässt

sagt mir nur eins:
wo finde ich die Disteln?