noch im Halbschlummer
schlüpft der Spätsommermorgen
unter die dicke Frühnebeldecke –
noch träumt er vom Herbst, bis ihn
die ersten Sonnenstrahlen sanft
in ihrem goldenen Licht baden
noch im Halbschlummer
schlüpft der Spätsommermorgen
unter die dicke Frühnebeldecke –
noch träumt er vom Herbst, bis ihn
die ersten Sonnenstrahlen sanft
in ihrem goldenen Licht baden
heute
ist morgen
von gestern
und gestern
von morgen
ist heute
ihnen dabei helfen, das Land
zu verlassen, heißt:
ihnen dabei helfen, weiter
zu leben
heißt aber leider auch:
ihnen dabei helfen, ins Exil
zu gehen – ist das nicht auch
eine Art Tod?
dennoch:
ihnen dabei helfen, dem Tod
(dem einen) zu entkommen, ist
das Mindeste, was wir tun müssen
das nahezu Unmögliche aber:
ihnen dabei helfen, den Tod
(den anderen) zu ertragen
leicht
könnte viel
möglich sein:
vielleicht
vielleicht
ist der unbarmherzige Tod
doch barmherziger als
uns lieb ist
oft frage ich mich:
warum will ich sein,
wer ich nicht bin?
da muss ich mir antworten:
weil ich eben bin,
wer ich bin.
im Gedenken an Claudia
wie es ist:
den Weg zu Ende
zu gehen, weiß allein, wer
den Weg zu Ende
gegangen, kehrt nie zurück, um
uns zu sagen, wie es ist:
den Weg zu Ende
zu gehen
für Claudia, die Wolframs ‘Parzival’ so liebte wie ich
was Du mir warst, was
Du mir bist und was Du
mir für immer sein wirst:
eine Freundin,
die wie der Gral
nur schwer zu finden ist
die Freundin,
die wie der Gral
im Überfluss schenkt
meine Freundin,
die mir jeden Gral
übertrifft
für Claudia
noch immer habe ich Dein leises Summen
im Ohr, das Du stets dann auf den Lippen
hattest, wenn es Dir rundum gut ging –
ach, wie gerne hätte ich Dich noch viel, viel
öfter leise summen hören mögen!
doch wenn ich jetzt die Ohren spitze:
ist nicht die Zeit gekommen, in der ich Dich
nun immer leise summen hören kann?
ja, und wenn ich nur tief genug
Dir lausche, dann wirst Du wieder
Deine satte tiefe Stimme erheben
und für uns singen
für Claudia
ich wünsche Dir
von Herzen alles Gute
für diesen Weg, den Du
nun gehen musst
ich wünsche Dir
den sanften Weg:
ein Schlafen, ein
Hinübergleiten, still
und ohne Schmerz
ich wünsche Dir
den leichten Weg
(nach dem schweren,
den Du hattest): einfach
sollst Du gehen können
und unbeschwert
ich wünsche Dir
den hellen Weg:
in Frieden und in Zuversicht
mit einem Lächeln
in Aug und Herz –
auf dass es Dir gut ergehe
dort, wohin Du gehst
(14.7.2021)
in deinem Wellengang
finde ich meinen Rhythmus
und schreibe mich
Zug für Zug
in deine See-Seele
für alle Seen meines Lebens (Spandau, 10./11. Juli)
ich versmesse jedes Wort
und lautwandel Sinn zu Form.
ich buchstabsage Satz für Satz,
und kehrreime in den Zwischenräumen.
ich katastrophe Redeflüsse, bis ich mir
die Welt hab abgedichtet.