Spuren / von Duft / Strukturen / von Luft /
aus diesen Tinkturen / entstehen Figuren /
Spuren / von luftigen Kreaturen / Strukturen /
von duftigen Naturen / für meiner Skripturen /
Gruft
Wort auf Wort: Poetologisches
fangVerse (1) – tanzBlatt
Ule hatte gefragt, ob ich verraten würde, was das Blatt aus meinem Neujahrsgedicht einfangen würde – und hier ist der erste Fang, inspiriert durch Ules Tanzbild
mein Blatt tanzt / im Wind / tanzen die Wörter /
ungeschrieben / schneeflockengleich / weiß auf weiß /
tanze ich / in den Wind / über das Blatt / tanzen wir /
die Wörter / die Flocken / und ich
ein weißes Blatt Papier
vor mir liegt das neue Jahr
wie ein weißes Blatt Papier:
ich probiere das ein oder andere Wort –
entschließe mich dann aber doch,
das Blatt in den Wind zu hängen
und einfach nur abzuwarten,
was es mir einfangen wird
und nun
von nun an:
nur noch nun
von jetzt auf gleich:
nur noch jetzt –
und gleich (jetzt gleich)
und im Nu
beim Du mit jedem Augenblick
und nun?
nun
und nun
und nun
und nun
auf den Punkt
eine Punktuelle
Ules feine Punkt-Reflexionen haben in mir einen (hihi!) Punkt angesprochen, über den ich schon länger nachdenke. Immer wieder hab ich mir überlegt, dass es schön wäre, ein Gedicht über den Punkt zu schreiben; aber noch schöner, wenn dies gleichzeitig eine heimliche Hommage an den Strichpunkt würde; denn gäbe es ihn nicht, müsste man ihn glatt erfinden! Findet Ihr nicht auch? Und eine neue lyrische Gattung gleich mit 😉
das ist der Punkt.
auf dem Punkt. wird er zum Doppelpunkt:
Punkt. für Punkt. wird er zum Strich –
das ist der neuralgische Punkt!
kein Punkt. mehr ein Strichpunkt;
ein wunder Punkt, ein Wunder
ohne Punkt. und Komma, kommst du
nur bis zu einem gewissen Punkt.
das ist ein schwacher Punkt.
niemals auf den Punkt. genau
am toten Punkt . erst dort ist
der springende Punkt. . .
das Pünktchen . auf dem i
(vielleicht ein strittiger Punkt?)
wer? was? was? wer?
wer was hat, ist wer?
wer wer ist, hat was?
wer was ist, sagt wer? sagt was?
wer wer ist, sagt was? sagt wer?
wer was hat, sagt wer? sagt was?
was wer hat, sagt was? sagt wer?
was was ist, sagt wer? sagt was?
was wer ist, sagt was? sagt wer?
wer was ist, hat was?
was wer hat, ist was?
wer ist wer?
was ist was?
wer? was?
was? wer?
wie jetzt?
vom Schreiben
vom Schreiben
kann ich den Hals nicht
vollkriegen: werft mir nur all
meine ungeschriebenen Wörter
in den Rachen, bevor sie mir
an die Kehle gehen, dann
werde ich mich lauthals
um Kopf und Kragen
schreiben
Tempus
was war, war ist.
was ist, wird war.
was wird, war ist.
was ist, war wird.
was war, ist war.
was wird, ist wird.
was ist, ist ist.
verschrieben
hab mich verschrieben
(wieder und wider) dem
schreiben und schrauben –
verschroben, wie ich bin
und abends schaut ein Wort vorbei
und abends schaut ein Wort vorbei
in meiner kleinen Stube, ich lad es ein
auf ein Glas Wein, wir reden, lachen –
und tanzen bis in die Nacht hinein
am frühen Morgen bricht es auf
mit einem flüchtgen Kuss, ich schau
ihm lange nach, bald ist es fort, das Wort –
in meinen Händen aber finde ich
noch dies Gedicht
vorbei
knapp daneben
ist auch vorbei –
so heißt es
aber: vorbei
knapp davor –
wie daneben ist das denn?
Liebe Claudia, dies zu Deinem 60. Geburtstag heute, den Du nun leider nicht mehr erleben durftest – dabei hattest Du es Dir noch so erhofft!
heute
heute
ist morgen
von gestern
und gestern
von morgen
ist heute