Schweinsamkeit

Geboren hat Lyrifant diese schöne Wortschöpfung in einem Kommentar zu Eulenschwinges Plüsch-Frischling am 6.12. – und damit musste Lyrifant jetzt noch ein bisschen weiter spielen

unserschweins weiß:
unterschweins, da liegt das Glück –
so zwischen Schwein und Schwein
bleibt kein Schwein ganz allein:
allschwein lebt es sich
schön und gut
in trauter Schweinsamkeit

Nikolaus

Lyrifants Adventskalender 2023
Türchen 6

Der Nikolaus, der Nikolaus
ist doch recht oft allein zu Haus.
Da wünscht er her, da wünscht er hin:
Ach wie fehlt ihm eine Nikoläusin!

Kaum war sie da, da wurd’s recht voll im Häuschen:
All überall springen um ihn her die Nikoläuschen
wie die Nikomäuse
(besser doch als Nikoläuse!).

Und selbstverständlich weiß ich:
Dies Gedicht ist nikolausig!

Habt einen schönen 2. Advent heute am 6. Dezember!

Nervenverse

auch wenn es mich
den letzten Nerv kostet:

Verse
will ich schreiben, die
auf die Nerven gehen,
Verse, die
an den Nerven sägen,
Verse, die
den Nerv treffen,
Verse, die
einen jeden Nerv blank legen,
Schicht um Schicht

ihr sagt jetzt (vielleicht):
du hast vielleicht Nerven! –
nein, nicht: vielleicht – gewiss,
zum Zerreißen hab ich sie!
sie gehen mit mir durch,
immer, bevor ich sie an
meine Verse verliere

Lyrifants Ei. Eine Osterspielerei

ein Ei,
wie aus dem Ei gepellt,
gleicht keinem Ei
wie ein Ei dem anderen

ein Ei,
das klüger sein will als die Henne
(und uns damit auf die Eier geht),
wird behandelt wie ein rohes Ei

ein Ei,
das stets das Gelbe sucht vom Ei
und doch nur ungelegte Eier findet,
eiert rum – für ‘nen Appel und ‘n Ei

Ei, Ei, Ei! ruft Lyrifant,
was soll dies Lied?
Wo steckt’s denn nun,
das Ei des Kolumbus?

Mit diesen launigen Verslein wünsche ich allen meinen Blog-Begleiter*innen ein frohes Osterfest. Habt sonnige Tage, vergesst für ein paar Stunden, was uns alle bedrückt, und kommt gut (und mit Humor) durch diese schwere Zeit!

Von Wechselpelzen und Besonderen Pelzwesen (5)

Kapitel 5: Ein Grundgesetz für ein harmonisches Zusammenleben mit Wechselpelzen

Wir Besondere Pelzwesen geben die Hoffnung auf ein echtes harmonisches Zusammenleben mit den Wechselpelzen nicht auf: Die Mauer respektive der Elektrozaun zwischen Wechselpelz und Besonderem Pelzwesen muss weg! Für uns bedeutet jedoch Harmonie nicht Koexistenz in getrennten Lebensbereichen (was überdies nur einer Duldung unserer Spezies in den uns von den Wechselpelzen zugewiesenen Reservaten gleichkäme), sondern eine wirklich solidarische und von gegenseitiger Achtung gekennzeichnete Gemeinschaft. In diesem Sinne geben wir hiermit einen Entwurf für die ersten drei Artikel bekannt, die nach unserem Dafürhalten in einem Grundgesetz für ein harmonisches Zusammenleben von Wechselpelzen und Besonderen Pelzwesen keineswegs fehlen dürfen:

[Diese Zeichnung mit dem – leider stark verwitterten – Bärentatzenwappen des Obersten Bärenministeriums für Beziehungen zu anderen Lebensformen in der Ahornblatt-Spitze ist von unschätzbarem Wert. Es handelt sich um eine der wenigen doppelten Ahornblatt-Frottagen, die sich in ausgemalten Bärenhöhlen überhaupt finden.
Der Grundgesetzentwurf hat übrigens einen eigenen Platz in der Höhle: Er befindet sich in einer separaten, nach Osten ausgerichteten Nische, in die von oben besonders viel Licht fällt].

§ 1

Die Würde von Wechselpelz und Besonderem Pelzwesen ist unantastbar. Diese Würde ist gegenseitig zu respektieren. Sie schließt folgende Rechte ein: das Recht auf freie Brumm- und sonstige Lautäußerung, das Recht auf freie Unglaubens- und Glaubensausübung sowie das Recht auf Gleichheit aller Lebewesen vor dem Gesetz.

§ 2

Die aus dem Pelzwesen-Ehrenkodex und den Wechselpelz-„Menschenrechten“ zusammengeführte „Charta pellicea“ hat für Wechselpelze und Besondere Pelzwesen gleich verbindliche Gültigkeit und ist daher von allen betroffenen Lebewesen nach bester Lieb und Treu* einzuhalten.

* Anm. des Übersetzers: Das ist eine feste altbärische Sprachformel, die deutlich macht, dass Bären die Liebe über alle anderen Werte stellen.

§ 3

Die Vorräte der Wechselpelze und der Besonderen Pelzwesen sind friedlich und gerecht miteinander zu teilen, aber auch zu schützen. Jedes Lebewesen hat das Recht auf freien Vorratszugang, aber auch die Pflicht zu einem verantwortlichen Umgang mit den Vorräten unseres Großen Erd-Pelzwesens.*

* Anm. des Übersetzers: Was für Menschen einfach nur die Mutter Erde ist, denken sich Bären als ein ‘Großes Erd-Pelzwesen’, das väterliche, mütterliche und kindliche Eigenschaften in sich fasst.

Vancouver Island,
erstmals gegeben zu Beginn des Anthropozän,
letztmals aktualisiert im zweiten Monat der Winterruhe
[= im menschlichen Kalender: November] 2007
herausgegeben vom
Obersten Ministerium für Beziehungen zu anderen Lebensformen

 

So, und inzwischen gibt’s das natürlich auch als Büchlein.

 

Von Wechselpelzen und Besonderen Pelzwesen (4)

Kapitel 4: Regeln für die konfliktfreie Begegnung mit Wechselpelzen

Generell muss ein Besonderes Pelzwesen davon ausgehen, dass Wechselpelze nicht über die intellektuellen Fähigkeiten verfügen, die Besonderen Pelzwesen (oder überhaupt Pelzwesen) zu verstehen. Da Wechselpelze auch nicht brummen können, ist eine Verständigung nur sehr mühsam möglich. Immer wieder kommt es zu Missverständnissen: Neugierig-freundliche Annäherung wird als bösartig-feindlicher Angriff interpretiert. Daher ist im Umgang mit dieser unterentwickelten Spezies besonderes Feingefühl angebracht.

Regel Nr. 1: Stürme niemals in einem Anflug von Begeisterung auf einen Wechselpelz zu, um ihm deine Freundschaft anzutragen. Wahre immer – auch wenn es dir schwerfällt und es unseren Ehrenkodex-Grundsätzen zutiefst widerspricht – den von einem Wechselpelz so bitter benötigten Abstand. Lass einem Wechselpelz genügend Raum, denn er repräsentiert eine biologische Entwicklungsstufe, der unsere Nähe noch nicht zu schätzen weiß.
[Die vom oberen Bildrand in das Bild hereinragende Kralle entspricht unserem menschlichen Zeigehändchen, Anm. der Herausgeber].

Regel Nr. 2: Unterlasse pelzwesen-spezifische Gebärden der Freundschaft und versuche niemals, einem Wechselpelz deinen starken Arm um seine schwache Schulter zu legen oder auch nur ihm die Tatze zu geben. Solche Gebärden werden als angriffslustige Übergriffe missverstanden, da nach Ansicht der Wechselpelze damit die Grenze zwischen „Tier“ und „Mensch“, wie sie es nennen, verletzt wird. Wechselpelze sind von geringer Intelligenz und vermögen es von daher nicht einzusehen, dass eine solche Grenze lediglich in ihrer Vorstellungswelt existiert.
[Die Bärentatze über dem Bild entspricht unserem menschlichen Verbotszeichen, Anm. der Herausgeber].

Regel Nr. 3: Vermeide direkten Blickkontakt mit dem Wechselpelz. Es irritiert den Wechselpelz, von einem Lebewesen direkt angeblickt zu werden, von dem er überdies überzeugt ist, dass es schlecht sieht. Geruchskontakt mit Wechselpelzen aufzunehmen ist ebenfalls zum Scheitern verurteilt, weil Wechselpelze nicht einmal auf geringe Distanz in der Lage sind, die Witterung von Besonderen Pelzwesen aufzunehmen.

Regel Nr. 4: Kehre niemals einem Wechselpelz den Rücken zu. Er interpretiert dies entweder als Desinteresse und wird wütend, was oft mit dem Griff zu einer Waffe verbunden ist, sofern er eine solche besitzt; oder er deutet dies als Schwäche und wird übermütig, was auch mit dem Griff zu einer Waffe verbunden sein kann. Waffen in Tatzen von Wechselpelzen sind jedoch sehr gefährlich und unbedingt zu vermeiden, denn waffentragende Wechselpelze sind unberechenbar und stellen ein großes Risiko für Besondere Pelzwesen dar (vgl. Kapitel 1, Absatz 3).

Regel Nr. 5: Sei besonders vorsichtig, wenn du einem Wechselpelzweibchen mit Wechselpelzwelpen begegnest (wobei sich inzwischen bisweilen auch Wechselpelzmännchen um den Nachwuchs kümmern). Sei um so vorsichtiger, je kleiner die Wechselpelzwelpen sind; ganz kleine Wechselpelze erkennst du daran, dass sie in speziellen vierrädrigen Gefährten transportiert werden. Wechselpelze können sehr aggressiv werden, wenn sie ihre Welpen in Gefahr glauben. Und sie glauben ihre Welpen sofort in Gefahr, wenn sich ihnen ein verspieltes Besonderes Pelzwesen nähert, auch wenn dieses Pelzwesen nur die Absicht hat, mit den Welpen ein bisschen zu schäkern. Wechselpelze wissen nicht, dass wir Besondere Pelzwesen den Wechselpelzwelpen niemals etwas zu Leide tun würden, da wir Lebewesen-Kinder gleich welcher Art über alles lieben.
[Der Teil der Höhle, in dem sich diese reizende Abbildung befindet, war uns leider schon nicht mehr zugänglich. Bei diesem Archivbild, das uns der freundliche Bärenkundler aus Vancouver zur Verfügung gestellt hat, ist die Verbotstatze etwas zu hell einretuschiert worden, Anm. der Herausgeber].

Regel Nr. 6: Nähere dich den essbaren Vorräten eines Wechselpelzes immer so, dass der Wechselpelz davon nichts bemerkt. Achte darauf, dass er den Verlust seiner Vorräte erst dann entdeckt, wenn du für ihn außer Reichweite bist. Wenn du zufällig Zeuge davon wirst, dass ein Wechselpelz unachtsam mit seinem „bärensicheren Mülleimer“ oder seinem „bärensicheren Grill“ umgeht (vgl. Kapitel 3, Absatz 2 und 3), dann nutze sofort und ohne weitere Verzögerung die günstige Gelegenheit. Hüte dich aber davor, zu lange dabei zu verweilen.
[Neben der Zeigekralle ist hier übrigens ein Bärometer eingezeichnet. Es mag für uns Menschen wie eine altertümliche Sonnenuhr anmuten, ist aber ein hochentwickeltes Bärenzeitmessinstrument, Anm. der Herausgeber].

Nota bene:* Vergreife dich nie an essbaren Vorräten von wirklich bedürftigen Wechselpelzen. Das gebietet der Pelzwesen-Ehrenkodex. Nimm also nur von Wechselpelzen, deren Höhlen oder Wanderausstattung von einem gewissen Reichtum zeugen, was an Größe und Aufwand in der Herstellung dieser Dinge jeweils leicht abzulesen ist.

* Anm. des Übersetzers: Im Original ist dieser Einleitungssatz nicht auf Altbärisch, sondern auf Bärinisch formuliert, also in der Sprache der gebildeten Bären. Deshalb haben wir uns erlaubt, diese Phrase auf Latein, also in unserer menschlichen Gebildetensprache, wiederzugeben.

Von Wechselpelzen und Besonderen Pelzwesen (3)

Kapitel 3: Wechselpelz-Präventivmaßnahmen gegen Besondere Pelzwesen

Im Abschnitt über die „bedächtige Raumbildung“ deutet sich bereits an, dass Wechselpelze kein besonders großes Interesse an einer Kontaktaufnahme, geschweige denn an einer Kontaktpflege mit uns haben. Die bereits erwähnten Leitfäden sind daher auch voll von Rat­schlägen, die sämtlich ein und dasselbe Ziel haben, nämlich die Wechselpelze dazu zu bringen, eine persönliche Begegnung zwischen Wechselpelzen und Besonderen Pelzwesen überhaupt zu vermeiden. Dass solche Hetzschriften unter dem Titel „Living in Harmony [!] with Bears“ verbreitet werden, ist der pure Hohn. Denn mit der Empfehlung der Begegnungsvermeidung sind sämtliche Bemühungen um ein harmonisches Zusammenleben von Wechselpelzen und Besonderen Pelzwesen von vornherein, und zwar – man muss es leider sagen – einseitig von Seiten der Wechselpelze, unterlaufen. Führende Pelzwesen-Anwälte werden den Verdacht nicht los, dass das letzte Ziel dieser Schriften im völligen Ausschluss der Besonderen Pelzwesen aus der Gesellschaft der Wechselpelze besteht, womit die Grundrechte der Internationalen Pelzwesen-Gemeinschaft jedoch zutiefst verletzt würden.

In diesem Sinne haben findige Wechselpelze sogenannte Präventivmaßnahmen gegen uns entwickelt, die jedes Besondere Pelzwesen kennen muss:

1. Das „Bären-Glöckchen“: Diese Maßnahme wird ausschließlich von Wander-Wechselpelzen zum Einsatz gebracht. Damit versuchen die Wechselpelze, uns ihre Präsenz in unserem Wald schon von Weitem anzukündigen, damit sie uns nicht erschrecken (denn sie fürchten nichts mehr als den Angriff eines aufgeschreckten „Bären“). Was in den Augen der Wechselpelze nach höflicher Rücksichtnahme aussieht, ist in den feinsinnigen Ohren der Besonderen Pelzwesen eher eine Waldesruhestörung, und abgesehen davon ist dieses kindische Gebahren auch völlig überflüssig, da der Wechselpelz aufgrund seines penetranten Geruchs schon aus weiter Ferne von unseren (nicht einmal besonders feinen) Spürnasen aufgenommen werden kann.

2. Der „bärensichere Mülleimer“: Diese Maßnahme wird sowohl von den Höhlen- wie von den Wander-Wechselpelzen genutzt. Die Wechselpelze rechtfertigen diese gemeine Erfindung als eine reine Schutzmaßnahme. Doch für uns handelt es sich um einen massiven Verstoß gegen das Gesetz des freien Ressourcen-Zugangs für alle Lebewesen. Die den Wechselpelzen allerdings angeborene Vergesslichkeit, gepaart mit einer anerzogenen Nachlässigkeit, mit der sie (wie sie es nennen) „cool“ wirken wollen, verschafft uns immer wieder die Gelegenheit, den „bärensicheren Mülleimer“ zu knacken.

3. Der „bärensichere Grill“: Diese Maßnahme hat viel Ähnlichkeit mit dem „bärensicheren Mülleimer“, kommt aber vor allem in der Nähe der Höhlen zum Einsatz, wie auch gelegentlich an Wanderwegen, wo sich Wechselpelze gerne feste Futterstationen einrichten. Es gilt das unter Punkt 2 zum „bärensicheren Mülleimer“ Gesagte entsprechend.
[Offenbar ist der Maler beim Zeichnen des bärensicheren Grills gestört worden; denn dies ist die einzige Höhlenzeichnung, die leider unvollendet geblieben ist, Anm. der Herausgeber].

4. Die „Bärenfalle“: Über diese perfide Gemeinheit, die Angelegenheit des Internationalen Pelzwesenrechte-Gerichtshofes sein sollte, soll hier kein weiteres Wort verloren werden (siehe unsere Ahornblatt-Broschüre „Fallen und wie man sie umgehen kann“).
[Dieses hier zuletzt erwähnte wertvolle Dokument war und ist für uns leider unauffindbar, Anm. der Herausgeber].