Dem Leib, der Seele
zum Vermächtnis
schenkt der Schmerz
das Schmerzgedächtnis.
Ist der Schmerz auch lange tot,
leiden Leib und Seele doch
an seinem Erbe ihre Not.
Dem Leib, der Seele
zum Vermächtnis
schenkt der Schmerz
das Schmerzgedächtnis.
Ist der Schmerz auch lange tot,
leiden Leib und Seele doch
an seinem Erbe ihre Not.
Wer loslässt,
hat die Hände frei,
heißt es.
Doch was hilft’s
im freien Fall?
zuerst nur
das Nackenstützkissen
und ein paar Kopfwehtabletten
dann noch
das Heizkissen
und ausreichend Schmerzmittel
schließlich noch
die Gesundheitsschuhe
und diverse Salben
jetzt also auch noch
die Kompressionsstrümpfe
und die Thrombosespritzen
ich bin wohl angekommen
im Club der alten Damen
Anfangs hast du dir dein Leben noch oft versüßt.
Später ließest du dich regelmäßig versauern
und hast dir dein Leben gründlich versalzen.
Was die Sache dann noch verschärft:
Jetzt bist du ganz verbittert.
Plötzlich
sage ich unvermittelt:
Frühling –
obgleich es Sommer ist und ich
gar nicht über
Jahreszeiten sprechen will.
Ist das
– im Herbst meines Lebens –
der Anfang vom
Winter?
Seifenblasen im Kopf.
Zuckerwatte im Bauch.
Himbeerbrause auf der Zunge.
Ich knüpfe mir ein Kleid aus Gänseblümchen und
spiele mit den Murmeln vor dem Zelt aus Wolldecken.
Sehnsüchtig blicke ich den Pferdchen nach,
wie sie schweben auf dem alten Karussell,
das sich in meinem Herzen dreht.
Noch warte ich
auf die Zeit der Wunderkerzen.
Aus allen Wolken gefallen
stehe ich im Regen
mit einem Hagel von Fragen.
Solange ich im Nebel tappe,
sehe ich keine Sonne.
Ich bin völlig durch den Wind
und suche den Schnee von gestern.
Du bist
durchs Feuer gegangen
und dennoch ist dein Leben
ins Wasser gefallen.
Jetzt hängst du
in der Luft
und bekommst keinen Fuß mehr
auf die Erde.
Das Kind
liegt im Brunnen.
Man hat den Brunnen
einst trockengelegt.
Das Kind ist nicht
ertrunken, es ist
verdurstet.
Das Kind
liegt im Brunnen.
Man hat den Brunnen
einst vergiftet.
Das Kind ist nicht
entschlafen, es ist
verendet.
Das Kind
liegt im Brunnen.
Das Kind ist so lange
zum Brunnen gegangen,
bis es – zerbrochen –
hineingefallen ist.
Auch eine gesunde Reaktion
auf eine ungesunde Situation
ergibt noch kein
gesundes Leben.
Setz dir die rosa Brille auf
und denk dir deine Welt
von prosarot bis weinchenrosa
und lass deine Sorgen
einfach mal
altrosé aussehen.
Gedicht zum Freitag, den 13.
Seit ich lebe,
lebe ich
das Leben der anderen.
Seit ich lebe,
wünsche ich mir
ein anderes Leben.
Seit ich lebe,
möchte ich gern
ganz anders leben.
Seit ich lebe,
will ich
leben, nichts anderes.