“Herzlich willkommen!”
rufen wir euch zu
und organisieren eure Massenabschiebung,
ohne uns die Hände schmutzig zu machen.
geschrieben gestern, am 4. April 2016 (unterwegs)
“Herzlich willkommen!”
rufen wir euch zu
und organisieren eure Massenabschiebung,
ohne uns die Hände schmutzig zu machen.
geschrieben gestern, am 4. April 2016 (unterwegs)
“Herzlich Willkommen!”
rufen wir euch zu
und machen euch zur neuen Währung in der EU.
Wer vollmundig
Brandanschläge gegen Asylheime verurteilt,
aber nur halbherzig
das Herz hat, die Brandstifter zu verfolgen –
Wer doppelzüngig
die Willkommenskultur feiert
und dabei engstirnig
die Stirn hat, die Grenzen zu schließen –
Wer pausbäckig und rotwangig
Europas Werte verteidigt
und großmäulig und breitbeinig
ein Integrationspflichtgesetz einfordert,
aber hochnäsig
über die Schutzsuchenden die Nase rümpft
und dickköpfig
nur Obergrenzen im Kopf hat –
der tritt leichtfüßig
des Menschen Recht mit Füßen,
der wirkt eigenhändig
der neuen Rechten in die Hände,
der läuft blauäugig
dem Abgrund ins Auge.
Dünnhäutig, wie ich bin,
habe ich nun
nur noch eine Bitte:
Bleibt feinfühlig,
hellhörig und
weitsichtig.
Nicht eigens dafür geschrieben, aber sicher auch ein Beitrag, der gut in das Projekt “Gegen das Vergessen” passt. Die anderen Beiträge zu diesem Projekt habe ich verlinkt unter meinem ersten Beitrag “gegen das vergessen”.
Dieses Gedicht ist ein Beitrag zu der von Sylvia Kling initiierten Aktion “Gegen das Vergessen”.
gegen das vergessen: erinnern –
erinnern an die geschichten der geschichte,
die wir in unserem innern lieber verborgen halten,
inne werden dessen, was wir ausschließen,
inne werden derer, die draußen sind.
gegen das vergessen: gedenken –
gedenken der geschichten der geschichte,
an die wir nicht denken wollen,
denken an das, was ungedacht ist,
denken an die, die unbedacht sind.
gegen das vergessen: erzählen –
die geschichten der geschichte erzählen,
die wir lieber nicht zu unserer geschichte zählen,
sie unseren kindern immer wieder erzählen,
damit sie sie ihren kindern weiter- und weitererzählen.
gegen das vergessen: schreiben –
die geschichten der geschichte aufschreiben,
die noch immer ungeschrieben sind,
denen wir schon immer verschrieben sind,
damit sie sich unserem gedächtnis für immer einschreiben.
gegen das vergessen: handeln –
aus den geschichten der geschichte heute so handeln,
dass das, was gestern geschehen ist,
nicht heute,
nicht morgen,
nie mehr wieder geschieht.
Wo es an Feindbildern
keinen Mangel gibt,
bedarf es keiner Feinde.
Dort braucht es
gute Freunde.
Wer würde es wagen,
über Kinder
aus sozial bevorzugten Familien
mit Einheimischen-Hintergrund und
aus sogenannten bildungsnahen Schichten
den Stab zu brechen?
“Herzlich willkommen!”
rufen wir euch zu
und erklären euch den Krieg.
“Herzlich willkommen!”
rufen wir euch zu
und schränken den Familiennachzug ein.
“Herzlich willkommen!”
rufen wir euch zu
und erklären eure Heimat zum sicheren Herkunftsland.
Wo aus einem “Willkommen!”
ein “Willgehen”, will heißen:
ein “Ich will, dass sie gehen” wird.
Wo man statt freundlich “Herein!”
feindselig “Raus!” ruft.
Wo der Einladung
schon bald die Ausweisung folgt.
Wo man den herzlichen Empfang
zu einer herzlosen Gefangennahme machen will.
Wo man statt eines Obdachs
eins auf’s Dach bekommt.
Wo man statt einer Herberge
nur ein “Hinweg!” findet.
Wo sich die Begrüßung
in eine Verabschiedung,
in eine Verabschiebung verkehrt.
Dort ist nicht “Die Welt
zu Gast bei Freunden”.
Dort sind arme Menschen
Fremde unter Feinden.
“Herzlich willkommen!”
rufen wir euch zu
und diskutieren über Transitzonen.
“Herzlich willkommen!”
rufen wir euch zu
und beschleunigen die Abschiebeverfahren.