Kriegsnarrative

Es ist eine alte Geschichte.

Sie erzählen.
Wir erzählen.

Wir erzählen unsere Geschichte.
Sie erzählen ihre Geschichte.

Sie erzählen eine andere Geschichte als wir.
Wir erzählen eine andere Geschichte als sie.

Wir erzählen die Geschichte anders als sie.
Sie erzählen die Geschichte anders als wir.

Sie erzählen, dass wir falsch erzählen.
Wir erzählen, dass sie falsch erzählen.

Wir erzählen, was sie nicht erzählen.
Sie erzählen, was wir nicht erzählen.

Sie erzählen.
Wir erzählen.

Geschichten. Immer wieder:
Geschichten. Und dennoch:

Eine gemeinsame Geschichte.

kein Wort

kein Wort kann ich finden
für diesen Krieg, das nicht
selbst schon Krieg bedeutet

kein Wort kann ich finden
in diesem Krieg, das nicht
zwingend Kriegspartei ist

kein Wort kann ich finden
zu diesem Krieg, das nicht
Kriegspropaganda betreibt

was machst du, Krieg, mit
unseren, ihren, meinen Worten?

du
lässt nur noch ein Wort zu:
Krieg

Erklärt mir den Krieg

Erklärt mir den Krieg, wenn
ihr mir schon den Frieden
nicht erklären könnt.

Was ich bereits weiß:
Wo Krieg herrscht, dort
kann Frieden nicht herrschen.
Wo Frieden herrscht, dort
kann Krieg die Herrschaft an sich reißen.

Was ich auch schon weiß:
Frieden wird gestiftet, jedoch
nicht, indem Krieg geführt wird.
Frieden wird verhandelt, jedoch
nicht, indem Krieg Handel ist.

Was ich auch noch weiß:
Kriege werden gewonnen.
Kriege werden verloren.
Immer beides zugleich.
Frieden wird geschenkt.

Erklärt mir den Krieg, wenn
ihr mir schon den Frieden
nicht erklären könnt.

Was uns geblieben ist

Einen Tag nach dem Hanau-Gedenktag – noch fassungslos, wie man seitens der Politik noch zwei Jahre nach dem Anschlag “lückenlose Aufklärung” versprechen kann, ohne rot zu werden – und gefühlt einen Tag vor einem vielleicht dritten Weltkrieg musste ich nun einfach zu solch plakativen Mitteln greifen.

Lyrifants Anti-Kriegs- und Anti-Faschismus-Plakat

Wider den Sündenbock

bitte, macht sie nicht zum Sündenbock –
die Ungeimpften, die so vehement Beschimpften
und Verunglimpften

keinen Blumenstock gewinnt ihr damit. verbockt
hat es allein die herrschende Klasse,
die sich an uns versündigt, indem sie zockt
und sich verzockt – außer bei der eigenen Kasse

wer hat den größten (Sünden-)Bock geschossen?
man hat ganz konsequent Klinik um Klinik geschlossen
und systematisch Pfleger*in um Pfleger*in verdrossen
(und dies in Zeiten einer Pandemie!) –
die Jagd auf Sündenböcke: nur Hysterie

bitte, macht sie nicht zum Sündenbock –
die Ungeimpften, die so vehement Beschimpften
und Verunglimpften

versündigt euch nicht
an den Werten der Demokratie
(auch nicht in Zeiten einer Pandemie!)

benennt den Bock! beendet den Wahn!
es geht nicht um Sünde, es geht um Profit –
und wer sündenbockt, läuft einfach nur mit!

Nur, damit das klar ist: Ich bin keine Impfgegnerin oder Impfskeptikerin – im Gegenteil! Und ich habe auch wirklich Null Verständnis für Verschwörungstheorien. Aber was hier gerade abgeht, halte ich für sehr gefährlich. So geht es nicht, denke ich.