Jenseits von
Ja oder Nein
blinzelt
das Leben.
Jenseits von
Für oder Wider
lächelt
die Liebe.
Jenseits von
Schwarz oder Weiß
ist es
bunt.
Jenseits von
Ja oder Nein
blinzelt
das Leben.
Jenseits von
Für oder Wider
lächelt
die Liebe.
Jenseits von
Schwarz oder Weiß
ist es
bunt.
Wir sind wir.
Die anderen sind die anderen.
Das ist ein klarer Fall,
so denken wir.
Wir sind wir.
Die anderen sind die anderen.
Das ist ein klarer Fall,
so denken auch die anderen.
Wer sind denn nun wir?
Und wer sind die anderen?
Wer Gewinne macht,
verliert.
Wer Verluste macht,
gewinnt.
Man muss Geld sparen,
um es auszugeben.
Man muss Geld ausgeben,
um es zu sparen.
Wer verkauft,
ist gekauft.
Wer kauft,
ist verkauft.
Wer Arbeit gibt,
nimmt.
Wer Arbeit nimmt,
gibt.
Sie kommen und suchen bei uns
gesenkten Hauptes Asyl.
Wir empfangen sie
am ausgestreckten Arm
und heißen sie
bei lebendigem Leib willkommen.
Wir weisen sie
alle Hände voll zurück,
sehenden Auges,
und sie kehren um,
mit offenem Mund und
den Rücken zur Wand,
sie gehen
stehenden Fußes, aber
aufrechten Ganges.
Mögen sie bald wiederkehren
und uns – diesmal
erhobenen Hauptes und
die Nase gestrichen voll –
unsere Schuld
unter die Haut schreiben,
bis über beide Ohren.
Und mögen uns ihre Schreie
mit Händen und Füßen heimsuchen
am ganzen Körper.
nach Paul Celan
Schwarzes Meer der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens wir trinken dich zwischen Nacht und Tag
wir trinken und sinken
wir sinken und trinken
wir schöpfen ein Grab aus den Wassern
Sie hören die Möven uns hören sie nicht sie rufen
sie rufen “Zurück” sie zählen
die dicken Fische
hinter den dicken Mauern aus Wasser
hinter den engen Wachen aus Stein
Nass ist
dein aschenes Haar du Mensch auf der Flucht
Tief sinkt
dein bleierner Leib der Tod ist ein Meister aus
Europa
rein sind wir
und raus bist Du
ich liebe Dich
und rein bist Du
für mich
und raus bist Du
für sie
ich liebe Dich
und raus bin ich
rein sind sie
und raus sind wir
Wo rechts vor links gilt,
weiß die rechte Hand sehr wohl,
was die linke tut.
Und man ist auch nicht
auf dem rechten Auge blind.
Vielmehr
sieht man alles
nur mit dem rechten Auge
und steht auch immer
mit dem rechten Fuß auf.
Alles was Recht ist:
Rechtsverbindlich wird,
was rechtsverbunden.
Statt rechtgläubig
ist man rechtsgläubig.
Statt Recht gesprochen
wird Recht gebrochen,
nicht von Rechts wegen,
sondern von rechts wegen.
Da bekommt das Wort
Rechtsstaat
eine ganz neue Bedeutung.
Damit diese Form von
Rechtspflege
ein Ende nimmt:
Zeit für einen
Rechtsbruch?
Sie gaben ihre Zukunft
für eine Gegenwart,
die nie Vergangenheit wurde.
zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für Liao Yiwu