ja, ich mach mir
was aus Worten:
ich schreib mir
ein Gedicht
poetologische Lyrik
Poesie, auströs
meergeboren sei sie: die Poesie –
ein Schatz, vielleicht
eine Delikatesse
meerdurchlässig sei sie: die Poesie –
genügsam, standfest, schlicht:
ganz in sich selbst
verschlossen
wer sie öffnet, der
nimmt ihr das Leben
wem sie schmeckt, dem
schenkt sie keine Perle
inspiriert durch den wunderschönen und sehr lehrreichen Band “Austern” aus dieser von mir so geliebten Naturkunden-Reihe des Verlags Matthes & Seitz
Moorpoesie
(ein zweiter Versuch)
dem Moor lauschen:
sein Schweigen ist hörbar
im Quaken der Frösche
hab nah das Ohr am Moor:
Froschworte fang zu hören
das Schweigen der Poesie
poesie in reinform
das unwortbare
ins wortlose
wort fassen:
schweigen
singen
auf Gedeih und Verderb
greif ein jedes Wort
bei den Wurzeln:
nicht an Blüte und Frucht
wirst du erkennen
das Wort, das dir
geschrieben ist auf Gedeih
und Verderb
zu neuen Gedichten
setze meine Worte
lichte den Vers
lege ab
zu neuen Gedichten
wortwörtlich
ein jedes Wort
beim Wort nehmen:
dann gibt ein Wort
das andere
Poesie pur
Wort für Wort
über Wort unter
Wort an Wort
in Wort aus
Wort
Sommer, dein Wort
Sommer, dein Wort
steigt
mir zu Kopf
trunken
sing, Sommer, ich
dein blaues Lied
wenn du dein Wort
in meinem Kopf
vergisst, Sommer
fangVerse (17) – abendBlatt
dunkelt Abend über Blatt und Land / taucht /
aus blauem Dunst / nur / diese eine Frage /
die ein jedes Lied / sich fragt / die Frage /
der Fragen / die ein jedes Wort / sich /
fragt / und dich und mich
willst du sie wissen / fang / ein Blatt / und warte /
ab / bis / funkelt Abend über Blatt und Land /
bis / haucht / aus blauem Dunst /
der letzte Vers / die Frage /
der Fragen
Dies ist mein letzter Fang. Alles begann mit einem ganz harmlosen Gedicht zu Jahresbeginn und Ules Frage dazu. Auf einen (ganz anderen) Impuls von Ule hin entstand dann schon bald ein erster Text. Da erkannte ich recht unmittelbar das Potential zu Mehr – wenn das nicht eine zündende Idee für einen poetologisch ausgerichteten Gedichtzyklus war! Nach den ersten (eher improvisierten) Texten kristallisierte sich in meinem Kopf bald das Bild von einem Netz an möglichen Verflechtungen heraus – und damit war die Leitschnur für die Architektur des fangVerse-Zyklus geboren. So entstanden in rascher Folge nun diese 17 fangVerse – und heute, zum 17., seien sie zu einem Ende geführt.
fangVerse (16) – blattReif
still / steckt Raureif seine Eiskristall=Nadeln an mein Blatt /
still / setzt Raureif Eisblumen=Keime in mein Wort /
still / legt Raureif die Welt
was reifen will / still / bedarf der Raureif=Zeit /
still / so still
fangVerse (15) – mondBlatt
schmeck den Geschmack von jener Welt / die monden ist /
du Blatt / und vergiss / vergiss / denn nun mondest du /
du Blatt / vom Mond gemondet /
monden / mein Wort
schmeck den Geschmack von jener Welt / die worten ist /
du Mond / und vergiss / vergiss / denn nun wortest du /
du Mond / vom Wort gewortet /
worten / mein Blatt