Ohne ihre rosaroten Klebe-Etiketten ging sie nicht mehr ins Theater oder in die Oper. Sie wollte doch aushelfen können, wenn da wieder stand:
„Für Gaderobe keine Haftung.“
Ohne ihre rosaroten Klebe-Etiketten ging sie nicht mehr ins Theater oder in die Oper. Sie wollte doch aushelfen können, wenn da wieder stand:
„Für Gaderobe keine Haftung.“
Auf Fernreisen hatte sie nun immer im Portemonnaie ein kleines Musterbüchlein bei sich, das eine Auswahl ihrer Lieblingspapiere (noch dazu in ihren Lieblingsfarben) enthielt wie etwa handgeschöpftes Bütten in Wild- und Heckenrose, Elefantenhaut in Sandstein, Seiden- und Japanpapiere in Lachs, Flamingo und Schwein. Denn sie wollte gewappnet sein für den Fall, dass man sie an der Grenze aufforderte:
“Ihre Papiere, bitte!”
In ihrer Handtasche führte sie nun immer auch eine kleine verschließbare rosarote Schachtel mit sich mit. Sie hatte darin viele rosa Zettelchen gesammelt, auf denen große und kleine, erfüllbare und unerfüllbare Wünsche notiert waren, auf dass sie nie mehr in Verlegenheit geriete, wenn man sie an der Ladentheke oder im Café fragen würde:
“Haben Sie noch einen Wunsch?”
Wer alles satt hat,
dürfte weit davon entfernt sein,
satt zu sein.
Und wer einen über den Durst trinkt
hat vermutlich noch lange nicht
seinen Durst gestillt.
Sieh dir an, wie die kleine dicke Hummel fliegt!
Warum solltest du nicht auch endlich deinen Traum leben können?
Neuerdings nahm sie auf Bahnfahrten immer etwas Schmirgelpapier, einen kleinen Eimer mit rosa Farbe und einen dicken Pinsel mit. Denn sie nahm sich doch sehr zu Herzen, was auf der Zugtoilette zu lesen stand:
“Bitte verlassen Sie den Raum so, wie Sie ihn vorfinden möchten. Danke.”
Der sechste Impuls – „was alles in eine konservendose passt.“ – hat mich zu einer kleinen lebensphilosophischen Reflexion angeregt, wobei mich das wohl hat eher darüber nachdenken lassen, “was alles nicht in eine konservendose passt.”
Fragwürdige Utopie
Wäre es nicht schön,
wenn du dir bei Bedarf
einfach eine Dose Glück aufmachen könntest
oder, wenn nötig, eine Dose Gesundheit?
Wäre es nicht wunderbar,
wenn du immer
ein paar Dosen Zeit im Vorratsschrank hättest?
Nur frag ich dich und mich:
Wie lange haltbar ist das Glück?
In wieviel Monaten verfällt Gesundheit?
Und: Wann ist die Zeit abgelaufen?
Sie nisten in unseren Schränken
und unter Tischen und Bänken,
sie nisten sich ein in unseren Töpfen,
sie nisten sich ein in unseren Köpfen,
sie lagern auf unsren Regalen
sie lagern in Schüsseln und Schalen,
sie lagern sich ein in Keller und Schacht,
sie belagern den Geist und das Leben – hab acht!
Sie setzen sich in jedes Eck
sie besetzen einfach Fleck um Fleck,
sie quellen aus allen Ritzen,
quellen über, glänzen, blitzen,
sie winken, sie rufen, sie locken,
sie gähnen, lungern, hocken,
sie wuchern über Tür und Tor,
überwuchern alles, dringen vor.
Sie sind da und dort und da,
sie sind da, sind immer da,
sie werden mehr und mehr
und immer mehr –
Wir glauben sie haben zu wollen,
wir denken sie zu besitzen,
dabei sind sie es, die uns besitzen,
dabei sind sie es, die uns ganz haben wollen:
die Dinge, die Dinge,
die uns umarmen wie Ringe,
die uns fangen in ihrer Schlinge:
die Dinge, die Dinge.
Ich sitz’ so gern
an meinem Schreibtisch.
Noch lieber aber liege ich
in meinem Schreibbett.
Von Zeit zu Zeit steh’ ich
an meinem Schreibherd
und rühre mit Begeisterung
in meinem Schreibtopf.
Will die Muse mich nicht küssen,
verschwind’ ich kurz und setz’ mich
auf mein stilles Schreibclo.
Du denkst, ich sei verrückt?
Keine Sorge, noch hab’ ich
alle meine Schreibtassen
in meinem Schreibschrank.
Maske um Maske
suche ich unter
den vielen Masken
mein Gesicht.
Doch ich finde es nicht.
Mir ist es
nicht hell genug,
und ich mache
das Licht aus.
Dieses Textchen ist gerade entstanden aus einer ganz banalen Alltagssituation heraus – aber die Sache selbst hat Potential für mehr, denke ich.