Lyrifants Adventskalender 2023 Türchen 8
Schneehäubchen blühen
weiß auf Geranien rot:
Wintersommerglück.
Lyrifants Adventskalender 2023 Türchen 8
Schneehäubchen blühen
weiß auf Geranien rot:
Wintersommerglück.
Spätsommernächtens
mit Dir noch auf dem Balkon:
Urlaubsgefühle.
Spätsommermorgen:
Sattes Gelb und klare Luft
künden den Frühherbst.
Vollmondnacht am See.
Im Schilf fiept leis ein Blässhuhn.
Ich bin zuhause.
Zikadenkonzert:
Die kleinen Minnesä(n)ger
zirpen. – Ich träume.
Mitternachtssonne
küsst Mond und Sterne hell
zur Mittsommernacht.
Laue, blaue Nacht
auf den Augen meiner Haut:
ein Sommernachtstraum.
Schneeflockenblüten
ganz im Liebestanzglück mit
Blütenschneeflocken
Aus Magnolien
ein duftiger Pavillon:
morgen nur ein Baum.
Februarsonne
blinzelt durchs nackte Geäst:
eiswintermondbleich.
Ein Haiku von Meister Frauenlob
Ich suchte mich, da
vant ich min da heime nicht.
lip, wa was ich do?
Verse aus der dritten Strophe aus Lied 6 von Heinrich von Meißen, genannt Frauenlob (GA XIV,28), neu verfugt zu einem Haiku – ist das nicht ein verblüffend moderner Gedanke am Ende des 13. Jahrhunderts?
Worthilfen: vant = fand; min – wörtlich: meiner, d.h. etwas von mir; da heime = daheim; lip = Leib, Leben; wa = wo; was = war; do = da, damals
Hier meine Übersetzung, die Form wahrend:
Ich suchte mich, da
fand ich nichts von mir zuhaus.
Leib, wo war ich da?
ich tuon sam der swan,
der singet swenn’ er stirbet:
ein swinendes fro
Und weiter geht es mit “Minnesangs Vögeln”: Dieses Haiku verarbeitet das Bild vom Schwan, der immer dann singt, wenn er stirbt. Dieses Bild findet sich sowohl bei Heinrich von Morungen (MF 139,15-18; Venuslied) als auch bei Frauenlob (GA Lied 4, Strophe XIV,9). Der letzte Vers stammt von Frauenlob und bedeutet ‘ein dahinschwindendes Froh’.