Du hast mir die Welt gezeigt –
nur: Deine Welt habe ich
nie gesehen
Du hast mich ins Leben geführt –
nur: Dein Leben habe ich
nie betreten
Du hast mir die Liebe entdeckt –
nur: meine Liebe magst Du
nicht finden
Du hast mir die Welt gezeigt –
nur: Deine Welt habe ich
nie gesehen
Du hast mich ins Leben geführt –
nur: Dein Leben habe ich
nie betreten
Du hast mir die Liebe entdeckt –
nur: meine Liebe magst Du
nicht finden
ihnen dabei helfen, das Land
zu verlassen, heißt:
ihnen dabei helfen, weiter
zu leben
heißt aber leider auch:
ihnen dabei helfen, ins Exil
zu gehen – ist das nicht auch
eine Art Tod?
dennoch:
ihnen dabei helfen, dem Tod
(dem einen) zu entkommen, ist
das Mindeste, was wir tun müssen
das nahezu Unmögliche aber:
ihnen dabei helfen, den Tod
(den anderen) zu ertragen
es ist das Privileg der Liebenden,
die zufällig hier geboren sind:
ich genieße es Tag für Tag,
mich geborgen zu fühlen
in Deiner Nähe
es ist der Fluch der Liebenden,
die hier im Exil leben müssen:
ich werde Dir nie – das weiß ich –
so nah sein können, dass Du
Dich geborgen fühlen wirst
in meiner Nähe
wie verwegen doch dieses Gefühl
der Geborgenheit ist, das mir die Nähe
des Ungeborgenen zu schenken vermag –
und wie vermessen letztlich mein Wunsch:
zu hoffen, ich könnte Dir etwas davon zurückgeben
nein, die Liebe wird nicht alt –
nur die Gefühle werden kalt und krank
und sterben gar, vielleicht, und auch
das Herz wird langsam schwach
und schlägt nicht mehr so froh wie einst
nein, die Liebe wird nicht alt –
nur den Sinnen schwindet ihre Kraft
und die Nerven büßen ihre Stärke ein, es kann
auch sein, dass der Verstand sich neu sortiert
und die Vernunft beginnt zu schielen
nein, die Liebe wird nicht alt –
nur scheint, was einst so tief vertraut,
nun plötzlich überraschend fremd,
und was für immer fremd sein sollte,
wird vertrautes Ritual, wird zur täglichen Routine
nein, die Liebe wird nicht alt –
nur wir Liebenden, wir ganz gewiss
für Dich, mein Liebster, für 35 gemeinsame Jahre
ein Liebesgedicht
schreibt
kein Herz
ein Kopf
schreibt
kein Liebesgedicht
bin ich Dir, was
Du mir bist?
bist Du mir, was
ich Dir bin?
nein: Du bist mir,
was Du mir bist
und: ich bin Dir,
was ich Dir bin
Du bist, wer
ich nicht bin
Du bist, wem
ich vertrau
Du bist, wen
ich hab lieb
Du bist, was
ich nicht hab
Du bist, wie
ich es mag
Du bist, wo
ich gern bin
Du bist, wohin
ich geh
Du bist, woher
ich komm
Du bist, wann
ich es brauch
Du bist, wozu
ich leb
Du bist, warum
ich bin
wenn Du weg bist von mir,
bin auch ich weg von mir
erst wenn Du wieder bei mir bist,
bin auch ich wieder ganz bei mir
und wenn ich weg bin von mir,
dann bin ich auch weg von Dir
erst wenn ich wieder bei mir bin,
bin ich auch wieder ganz bei Dir
nah bei Dir, fühl ich
mich fern von mir
fern von mir, fühl ich
mich fern von Dir und mir
nah bei mir, fühl ich
mich nah bei Dir
fern von Dir, fühl ich
mich fern von Dir und mir
bist Du mir fern, fühl ich
mich Dir nahe
bist Du mir nahe, fühl ich
mich Dir fern
bin ich Dir fern, fühl ich
Dich mir nahe
bin ich Dir nahe, fühl ich
Dich mir fern
schau Dich an
mit meinen Augen
hör Dir zu
mit meinem Herzen
berühr Dich
mit meinen Lippen
schreib Dir ein Liebeslied
mit meiner Hand
in Deine Hand
Lieder singen wir davon:
wie Liebe kommt, wie Liebe geht
Dramen spielen wir damit:
wie Liebe kommt, wie Liebe geht
Geschichten erzählen wir daraus:
wie Liebe kommt, wie Liebe geht
was aber schreiben wir darüber:
wie Liebe bleibt?