verloren

verloren habe ich
das Spiel
die Schlacht
den Krieg

verloren habe ich
den Mut
den Glauben
die Hoffnung

verloren habe ich
den Überblick
das Gleichgewicht
die Fassung

verloren habe ich
die Spur
den Faden
die Orientierung

verloren habe ich
das Gesicht
den Kopf
den Verstand
den Atem

verloren habe ich
den Boden
unter den Füßen

verloren habe ich
mich

verloren bin ich

 

Schmerz

Ich habe das große
Schmerzlos gezogen.

Jenseits der
Schmerzgrenze im
Schmerzmittelpunkt des großen
Schmerzensreiches sitze ich in
Schmerzhaft.
Schmerzvoll.
Schmerzstill.

Schmerz verzerrt mein
Schmerzempfinden:
Schmerz lindert schmerzlich die
Schmerzunempfindlichkeit.

Schmerz erfüllt das
Schmerzgedächtnis:
Keine Erinnerung mehr an
Schmerzfreiheit.

Wartend sitze ich auf der
Schmerzschwelle.

Adieu!

Das böse Kind
sagt euch Adieu,
weil ihr
das Gute in ihm
nicht sehen wolltet.

Das ungehorsame Kind
sagt euch Adieu,
weil ihr
seine Liebe und Treue zu euch
nicht wahrhaben wolltet.

Das undankbare Kind
sagt euch Adieu,
weil ihr
seine Dankbarkeit
nicht annehmen wolltet.

Das missratene Kind
sagt euch Adieu,
weil ihr
das, was ihm gelungen ist,
nicht wertschätzen wolltet.

Euer Kind
sagt euch Adieu,
weil ihr
dieses Kind
nicht haben wolltet.

 

An einen ungebetenen Gast

Eingeladen
habe ich dich nicht.
Eines Tages warst du
einfach da und bist
geblieben. Hast dich
häuslich eingerichtet
in meinem Haus.

Anfangs hast du nur deine Nägel
in meine Wände geschlagen,
aber Bilder hast du keine daran aufgehängt.

Später bist du dann mit Sack und Pack
hier eingezogen,
hast zunächst ein Zimmer,
dann Küche und Bad
und schließlich das ganze Haus
in Beschlag genommen.
Du schläfst sogar in meinem Bett
und lässt mich draußen liegen.

Inzwischen hast du mein Haus und meinen Garten
mehrfach in Brand gesteckt.
Die Feuerwehr hat mich bereits aufgegeben.

Kein Rat kann mir helfen.
Kein Mittel wirkt gegen dich.
Kein Zauberspruch vertreibt dich.
Ich werde dich nicht los.
Ich leide.

O, Schmerz,
lass uns gemeinsam Bilder suchen,
das Haus aufräumen,
die Brände löschen,
damit ich wieder schlafen kann.

Farbpoesie

Ich schreibe
mit SCHWARZer Tinte
auf WEISSes Papier.

Ich schreibe mich
auf den GRÜNen Zweig und
an den ROTen Faden.

Ich schreibe mir
das BLAUe vom Himmel und
das GELBe vom Ei.

Ich schreibe mir
die GRAUe Theorie
in BUNTe Verse um.

Ich schreibe mich
in Farbe.