wenn Leben heißt:
allmähliches Sterben
heißt Sterben dann:
plötzliches Leben?
wenn Leben heißt:
allmähliches Sterben
heißt Sterben dann:
plötzliches Leben?
das Leben! – wird es nicht
maßlos überschätzt, gemessen
an der langen Zeit davor und danach,
die wir tot sind?
das Leben! – ist es nicht
über alle Maßen hoch zu schätzen,
eben gerade gemessen
an dieser langen Zeit davor und danach,
die wir tot sind?
Panta rei. Alles fließt. Ein Gedanke zum Jahreswechsel
nichts bleibt:
ich weine
ich hoffe:
nichts bleibt
alle Zeit der Welt
ruht im Hier dieses Augenblicks,
gibt Raum der Ewigkeit
im Jetzt allen Orts
ich lebe
um den Preis
nicht nur meines Todes
ich sterbe
um den Preis
nicht nur meines Lebens
Lyrifants Adventskalender 2023 Türchen 21
still
schweigt die Nacht
still
fällt der Schnee
in Flocken dick
still
ruht der See
in weißer Pracht
still
steht für einen Augenblick
die Sonne gar
still
wird’s in mir
und klar
Mit diesem kleinen Vers zur Wintersonnwende wünsche ich all meinen treuen Leserinnen und Lesern ein paar stille Weihnachtstage mit viel Zeit zur inneren Einkehr und Besinnung. Und ich darf die Gelegenheit nutzen, Euch zu danken für Eure steten Besuche hier auf diesem Blog, Euer Mitlesen, Mitfragen, Mitdenken und manchmal auch Mitdichten. Habt einen geruhsamen Jahreswechsel; und möge eine wunderschönes Neues Jahr vor Euch liegen.
in ihren Strahlen
finden meine Augen Licht
und Wärme meine Haut.
laut und leise scheinen sie in mich hinein.
an ihren schweren Tropfen
labt dürstend sich mein Mund.
ihr Hagelkorn trifft mich ins Herz.
ihr Blitz schlägt mich entzwei.
in dicken Flocken wirbeln sie
mir durch das wilde Hirn.
mit zarten Schleiern umwölken sie
die irr verwirrte Stirn.
sie blasen mich fort.
sie streicheln und umschmeicheln mich.
sie hauchen mich an.
und sie entwurzeln mich.
und bei besonders guter wörtterlage
schreib ich aus ihnen ein Gedicht.
Gnṓthi seautón. Erkenne dich selbst. Ein Rondell
schleich nicht um dich herum
zieh weiter deine Kreise
streich dir dich nicht aufs Brot
schleich nicht um dich herum
auslöffle nur den Brei
bis auf den Grund
schleich nicht um dich herum
zieh weiter deine Kreise
solange
du Trübsal noch kannst
blasen
solange
du auf dem letzten Loch noch kannst
pfeifen
solange
du dein Leben aus noch kannst
hauchen
solange
hast du noch
Puste
Das Gras würde ich wachsen hören,
sagen sie. Dabei wächst dieses Gras
bereits in Berghöhe und Baumdicke
um uns herum – laut wie eine Blas-
kapelle. Da wächst jetzt auch nie mehr Gras
drüber.
Da wächst jetzt kein Gras mehr, das
noch irgendjemand wachsen
hören könnte.
Was hetzt und petzt,
verletzt, was grundgesetzt.
Was hetzt und Messer wetzt,
zerfetzt, was einst hier wertgeschätzt.
Was hetzt und noch dazu dumm schwätzt,
besetzt das wenig gute Letzt: Es ätzt und vergrätzt.
Drum seid entsetzt, jetzt! Widersetzt
euch dem und jedem, was und wer da hetzt.
Der größte Lump im ganzen Land,
das ist und bleibt der Denunziant.August Heinrich Hoffmann von Fallersleben zugeschrieben
Nun ist er wieder anerkannt:
der größte Lump, der Denunziant.
Hat er doch wieder Macht im Land
– wer hätt’s geahnt? – und so rasant.
Ein ausgedehnter Flächenbrand
erfasst die Welt vom rechten Rand
und schändet Glückes Unterpfand.
Empört euch, Menschen, Hand in Hand,
und leistet machtvoll Widerstand,
bevor Verstand- und Herzstillstand
gewinnen wieder Oberhand.
Lasst uns vertreiben diese Schand:
kein Platz hat hier der Denunziant!