nach Ernst Jandl

nach Ernst Jandl
Und gleich noch eine zweite Variante zu Myriades Schreibübung.
sie öffnete die Tür:
sie hatte gehen wollen
und blieb dann doch
ein Leben lang
zwischen Tür
und Angel
vorbei gingen Zeit
und Leben. am Endeschloss sich die Tür*
fiel die Tür ins Schloss:
dann ging sie
*siehe Kommentare 😉
Liebe Myriade, eine richtige Erzählung, wie Du sie Dir vorgestellt hast, ist es jetzt nicht geworden … oder vielleicht doch? Auf jeden Fall ein sehr inspirierender Impuls, diese beiden Sätze (und das ist nur die erste Variante) – besten Dank dafür!
sie öffnete die Tür
und wartete, lange:
nichts geschah,
niemand kam –
dann ging sie
Fragmente, für Novalis
seit Novalis
ist mir die Nacht
poetische Heimat
ist romantisch
mein Programm
ist mir das Wort
Schlüssel zur Welt
ist meine Sehnsucht
blau
schwere Waffen
machen den Krieg
schwerlich leichter
dafür den Frieden
leichthin schwerer
aber brich nur ein Wort:
so wird meine Seele
wund
unwürdig
gehe ich ein
unter deinem Dach
sag, o Mensch, sag, liebst du ihn,
den süßen kleinen Pinguin?
doch selten werden Pinguine,
seltener als Linguine
am hohen Piz Buin –
ach, der arme Pinguin,
bist du, o Mensch, doch sein Ruin!
Waffen
mehr Waffen
noch mehr Waffen
und noch mehr Waffen
noch sehr viel mehr Waffen
und noch sehr viel mehr Waffen
doch kein Ende des Krieges
Das Original:
Joseph Freiherr von Eichendorff, Schläft ein Lied in allen Dingen (1835)
Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort
(1) Schläft ein Lied …, selbstbewusst-destruktiv
schlaf ein Lied ich aus den Dingen,
die ich träume fort und fort,
und die Welt heb ich ins Singen,
treff genau ins Zauberwort
(2) Schläft ein Lied …, arrogant-pragmatisch
wach bin ich und zähl die Namen,
die ich finde da und dort,
pass die Welt in meinen Rahmen,
brauch dafür kein Zauberwort
(3) Schläft ein Lied …, resignativ-verzweifelt
schläft kein Lied mehr in den Dingen,
die da träumen nimmerfort,
keine Welt hebt an zu singen,
tot ist just das Zauberwort
Auf das Statement unseres Vizekanzlers und Bundesministers für Wirtschaft und Klima zu den Ostermärschen kann ich nur bekennen:
pfui, ich bin ein Pazi!
ewiggestrig, aus der Zeit gefallen,
immergrün hinter den Ohren,
im Herzen eine Träumerin,
unverbesserlich
im Kirschblütenschnee
blühen tags die Bäume – und
nachts: rosa Träume
Menschen
können Menschen
so Unmenschliches
tun, dass wir Menschen
den Glauben an die Menschheit
verlieren