nur geliehen
hab ich alle meine Wörter:
kein einziges Wort
mein eigenes Wort –
ach! könnt ich eines nur
entwenden! eins nur
von Grund auf neu
erfinden! was aber
hilft’s, wenn ich mit mir
Wörter stehlen kann?
Niemandswörter sind sie doch –
und wie ich’s auch dreh und wende:
am Ende
bleibt mir nichts als dass ich
alle meine Wörter sende
wohin auch immer
zurück
poetologische Lyrik
jedes Wort eine Insel
ans Ufer des Worts:
ob Sand Strand, ob Steil
Küste – das hängt vom Wort
ab, Tuff oder Muschel Kalk, See
Tang allerorten, auf! ans Ufer des
Worts! schiffs Wrack, Korallen riffs –
vokal, konsonant, laut: jedes Wort
eine Insel im Buchstaben Meer
aus dem Schneckenhaus gesprochen
Wort
um Wort
bau ich mich
um mich, in mich
gekehrt, verkriech ich
mich in mir
träg scheint euch mein zwittrig
Wort, verschraubt, verschroben:
ja, Zeit lässt sich mein Wort –
doch hinterlässt es
eine Spur
inspiriert durch den Band „Schnecken“ aus der wundervollen Reihe „Naturkunden“ beim Verlag Matthes & Seitz
dies scheinbar taumelnd Wort
winzig klein
und bedeutungslos
mag euch umsirren
umschwirren
mein Wort
unscheinbar
dies scheinbar taumelnd Wort
in Facetten bricht vieltausend
eure Stubenwelt: es irritiert
desillusioniert
interveniert
stört
dies ganz Andere ist
nie ganz das Andere:
unverstanden dennoch
ungenießbar trotzdem
unliebsam
und doch: es kann
fliegen
inspiriert durch den Band “Fliegen” aus der wundervollen Reihe “Naturkunden” beim Verlag Matthes & Seitz
Verse, in Lurch und Molch
querversein
salamandere ich,
mooswortig, durch Blautau
und Untergrünholz, wo ich euch
singe meine Wiesenlieder
in Lurch und Molch,
versquer
und noch einmal: inspiriert durch den Band „Kröten“ aus der wundervollen Reihe „Naturkunden“ beim Verlag Matthes & Seitz
Blick.Winkel, im Zeichen der Kröte
Ein.Blick von ganz unten: Lieder
aus dem Schlamm, vorlauthals;
Gossenworte, grottig & krötig,
(Ab)Schaumpoesie
Ein.Blick von den Rändern: Lieder
vom Grenzrain, zwiespältig & zwielichtig;
Unkenzwischenrufe im Lurchgequak,
grenzenlos grenzwertig
Ein.Blick vom Ursprung: Lieder
aus dem Urgestein, uraltklug;
wandernd, bewandert, flötend &
krötend: tötend
Ein.Blick aus der Kriechspur: Lieder
von Erde und See, Amokröte noch im
pockennarbigen Gesicht; ein Kriechen
in fluiden Versen, subversiv & tief –
erdnah, seewärts
inspiriert durch den Band „Kröten“ aus der wundervollen Reihe „Naturkunden“ beim Verlag Matthes & Seitz
Urworte, leguanisch
leguanisch sei
mein Wort
ein Schlitzblick, Zick
um Zack, auf die Echsenschnelle
das Ferne nah im Räubergriff –
schupppanzerunter
Geschicht über
Gedicht
im Einzelgang
will wechseln ich
die Verse wie
die Farbe
uralt sei mein Wort, wild
euch und fremd
inspiriert durch den Band “Eidechsen” aus der wundervollen Reihe “Naturkunden” beim Verlag Matthes & Seitz
und schreib, Weib
Da WordPress in dieser Hinsicht nicht so flexibel ist, musste ich dieses Gedicht jetzt als Bild hochladen. Und ja, natürlich, es ist eine Variation zu und schreib.
schreib.übung
Mit der ersten Version der Schreibübung war ich im Nachhinein doch noch nicht so zufrieden. Hier also eine verbesserte Version.
schreib (wenn Du kannst) Tag für Tag
ein Gedicht – so übst du
schreiben
schreib (du kannst es) für jeden Tag
ein Gedicht – so lernst du
unterscheiden
schreib (was du willst) Jahr und Tag
für das eine Gedicht – so wirst du
wachsen und reifen
schreib (du willst es) eines Tages
dein Gedicht – so kannst du
schweigen
und schreib
schrei nicht. schreib
um dein Leben
schweig nicht. schreib
auf ein Wort
schreib und schneid
dich ins Unsagbare
bleib
und schreib
schreib. Eine Schreibübung
schreib
Tag für Tag
ein Gedicht –
so lernst du
schreiben
schreib
für jeden Tag
ein Gedicht –
so lernst du
unterscheiden
schreib
Tag um Nacht
Gedicht um Gedicht –
so lernst du
entscheiden
schreib
Tag und Nacht
Gedicht um Gedicht –
so lernst du
bleiben
schreib
ein Gedicht
für alle Tage,
für aller Tage Nacht –
so lernst du
sagen
schreib
eines Nachts
mal kein Gedicht –
so lernst du
schweigen
schreib
eines Tages
das Gedicht –
dein Gedicht
bald, schon bald
Lyrifants Adventskalender 2023 Türchen 15
bald
flocke ich aus,
mein spätes Sommerwort
zu unterwintern
bald schon
stiebe ich auf,
in alten Hinterwinterbildern
schneezustöbern, leis
bald, schon bald
riesel ich nieder, wieder
und wieder, meiner Nachherbstverse
Harsch und Firn zu überpulvern:
kristallin
sozusagen eine Fortsetzung zu “schneien möcht ich”