Laue, blaue Nacht
auf den Augen meiner Haut:
ein Sommernachtstraum.
Gedicht
Drei Fragen. Keine Antwort
Wer bin ich? – ?
Woher komme ich? – ?
Wohin gehe ich? – ?
Drei Fragen. Zwölf Antworten
Wer bin ich? – Nichts.
Woher komme ich? – Aus dem Nichts.
Wohin gehe ich? – Ins Nichts.
Wer bin ich? – Ich.
Woher komme ich? – Von weit her.
Wohin gehe ich? – Ins Offene.
Wer bin ich? – Du.
Woher komme ich? – Aus Dir.
Wohin gehe ich? – Zu Dir.
Wer bin ich? – Alles.
Woher komme ich? – Aus Allem.
Wohin gehe ich? – In Alles.
Kleine Relativitätstheorie des Alterns
Sarkastisches Liedlein auf den körperlichen Verfall
Das Haar dünner,
dafür dicker der Bauch.
Die Füße platter,
dafür runder die Hüften.
Der Rücken krummer,
dafür gerader die Gelenke.
Die Blase schwächer,
dafür stärker die Adern.
Die Lippen schmäler,
dafür breiter das Gesäß.
Die Muskeln härter,
dafür weicher das Bindegewebe.
Die Haut rauer,
dafür glatter der Hinterkopf.
Die Falten mehr,
dafür weniger Zähne.
Der Geist leerer,
dafür voller der Darm.
Die Brust enger,
dafür weiter die Kleider.
Der Atem schwerer,
dafür leichter die Kost.
Die Augen müder,
dafür wacher der Schmerz.
Die Lust kleiner,
dafür größer das Leid.
überlebt
solange
niemand
das Leben,
solange
hat auch
der Tod
sich nicht
überlebt
Blatt im Wind
Vielleicht ist doch
das Blatt im Wind
vernünftiger als ich:
Es vertraut der Kraft,
die es trägt.
Lied gegen das Aufschieben
morgen, morgen,
nur nicht heute
später, später
bald, schon bald
warte, warte
nur ein weilchen
gleich, ja gleich
nein: wann, wenn
nicht jetzt?
jetzt oder
nie
Was schlimmer ist
Ich kann nicht sagen,
was schlimmer ist:
wenn Du eines Tages
nicht mehr da sein wirst und
ich alleine zurückbleiben muss
oder wenn ich eines Tages
nicht mehr da sein werde und
Du alleine zurückbleiben musst
Nacht-Fragment
Wenn tagt die Nacht,
Wenn grünt ihr Blau,
Der Schlaf erwacht –
Dann will ich mich in
Deinem Mondlicht sonnen,
Mich erden tief in Deinen Himmel weit.
Vogelkunde
Den Spatz
mag ich nicht
in der Hand
haben.
Da ist mir
die Taube
auf dem Dach
schon lieber.
Am liebsten aber
halte ich Ausschau nach
dem schrägen Vogel und
dem komischen Kauz.
Gern schau ich ihnen zu,
sehe ihnen nach,
einfach so,
mit leeren Händen.
Der größte Feind der Liebe
Der größte Feind der Liebe
Ist nicht der Hass. Auch nicht der Alltag.
Noch nicht einmal die Lieblosigkeit.
Der größte Feind der Liebe
Ist die Liebe. Sie brennt uns aus.
Sie zehrt uns auf.
Wie aber kann lieben,
Wer nicht mehr da ist?
Eine Frage der Distanz
Was nahe liegt,
liegt mir stets fern.