#frapalywo 2/17: geräusche – tag 1: unterm baum (1)

Es ist mal wieder soweit: Sophie Paulchen startet eine neue “frapalywo”. Das Motto für diese lyrische Woche ist geräusche, und der Impuls für den ersten Tag ist: unterm baum. Eine echte Herausforderung für einen Augen- und Wortmenschen wie mich… – mal schauen (! – eben!), wie weit ich damit komme… Ich verspreche nichts!

Unterm Baum

In dieser Stille dort unterm Baum
kannst du das Gras wachsen, die Flöhe
husten hören. In dieser stillen Stille

hörst du die Wurzeln sich biegen, das Moos
sich schmiegen, die Äste sich wiegen
gelinde

hörst du die Rinde platzen, das Harz
schmatzen, den Borkenkäfer kratzen
geschwinde

hörst du die Vögel picken, die Zweige
knicken, die Blätter nicken
im Winde

hörst du die Schmetterlinge flittern, die Blüten
zittern, das Eichhörnchen wittern
die Hinde

hörst du die Spinnen weben, die Tautropfen
beben, eben: den Baum leben
unter seiner Rinde

In dieser stillen Stille hörst du, hörst
du nur zu, den Baum stehen, die Zeit
vergehen, die Welt sich drehen

Schreibwerkstatt: Lyrik – “Ein peinliches Gedicht”

Wir hatten auch über Peinlichkeit diskutiert, woraus die Aufgabe entstand, ein “peinliches Gedicht” zu schreiben (oder ein Gedicht über Peinlichkeit oder über peinliche Gedichte). Mir war relativ schnell klar, dass das mit dem Schreiben eines peinlichen Gedichts nichts wird, da zur Peinlichkeit gerade die Unfreiwilligkeit dazugehört. Und so habe ich mich an einem Gedicht über das peinliche Gedicht versucht. Die erste Fingerübung:

Was ist
ein peinliches Gedicht?

Du sprichst
von deiner Pein
allein –
allein
die Pein
– ist sie auch dein –
ist kein Gedicht.

Nicht?
Schade!

Aber das war nur ein Spaß am Rande. Dann habe ich noch mal richtig nachgedacht, was für mich die Peinlichkeit von peinlichen Gedichten ausmacht – und daraus ist dann (heute gegen Morgen) dieser Text entstanden:

Seelenstriptease ohne Filter,
dichterische Nabelschau.
Rechtschreibfehler, schiefe Bilder,
Rhythmus lau und Reime mau.
Larmoyanz und Arroganz,
Penetranz und Ignoranz.
Nimmt kein Ende, bleibt banal,
infantil und a-sozial.
Nimmt sich wichtig, ist ein Wicht –
schau: Das ist ein peinliches Gedicht.

Schreibwerkstatt: Lyrik – “Frühlingsgedicht” und ein anderes Problem

Bei meinem zweiten Text geht es um das Problem des letzten Wortes. Vielleicht mögt Ihr mitdiskutieren?

Version 1

Erst im Herbst
weiß ich, was
Frühling ist.

 

Version 2

Erst im Herbst
weiß ich, was
Frühling war.

 

Version 3 [das war der Lösungsvorschlag der Gruppe]

Erst im Herbst
weiß ich, was
Frühling ist
oder war.

Schreibwerkstatt: Lyrik – “Frühlingsgedicht” / Problem: Zeilenbruch

Ihr Lieben, ich habe Blut geleckt und bin heute und morgen bei der “Schreibwerkstatt: Lyrik” der vhs Mainz, geleitet von Jutta Schubert. Im theoretischen Part haben wir heute Abend ein wenig über den Zeilenbruch sinniert, was in mir, als es um die erste Aufgabe ging (nämlich ein “Frühlingsgedicht” zu schreiben), sogleich ‘gearbeitet’ hat. Und so ist ein Gedichtchen entstanden, für das mir nun mehrere Möglichkeiten des Zeilenbruchs im Kopf herumspuken – und ich seh das Gedicht vor lauter Umbrüchen nicht mehr. Welche Version findet Ihr am überzeugensten und warum?

Version 1

Und wieder
ist es Frühling.
Draußen.
Drinnen
ist’s Spätwinter
noch.

 

Version 2

Und wieder
ist es Frühling,
draußen – drinnen
ist’s Spätwinter
noch.

 

Version 3

Und wieder
ist es Frühling.
Draußen. Drinnen
ist’s Spätwinter
noch.

 

Version 4

Und wieder
ist es Frühling.
Draußen.

Drinnen
ist’s Spätwinter
noch.

Kreatives Schreiben: Impuls “Zwischen den Zeilen” / Impuls “Rondell”

Ja, und dann wollte ich dieses schöne Thema natürlich auch noch mal mit der Form des Rondells verbinden. Hier das Ergebnis:

Zwischen den Zeilen
ein offenes Feld.
Raum auch für Missverständnis.
Zwischen den Zeilen
so viele Wege:
Welche werde ich verstehen?
Zwischen den Zeilen
ein offenes Feld.

Es war ein schöner und anregender Nachmittag in einer wirklich sehr netten Gruppe. Lieben Dank an Regine und alle, die mitgewirkt haben!

Kreatives Schreiben: Impuls “Zwischen den Zeilen” / Impuls “Elfchen”

Als Frau des Wortes war ich natürlich von dem Impuls “Zwischen den Zeilen” ganz besonders angetan. Und diesen Impuls habe ich dann auch gleich in zwei Formen umgesetzt, einmal als Elfchen:

Zwischen
den Zeilen
springt ein Einhorn.
Es springt dich an –
Poesie.

Kreatives Schreiben: Impuls “Slow Art” / Impuls “Elfchen”

Ein weiterer Impuls war, sich auf Bilder einzulassen. Die ausgestellten Bilder haben mich leider nicht so angesprochen; nur ein Titel hat mich angesprungen – “Der Himmel ist in dir” von Jutta Schlier -, woraus sich in mir ein Elfchen geformt hat (das war der andere der beiden Form-Impulse) – ein Elfchen, das man auch ohne das Bild verstehen kann, denke ich (wobei natürlich Elfchen-Form und Slow [!] Art-Thema irgendwie ein Widerspruch in sich sind, ich weiß).

Blau
dein Herz.
Offen dein Auge.
Der Himmel ist in
dir.

Kreatives Schreiben: Impuls “Und wieder ein Frühling” / Impuls “Rondell”

Ich habe heute an einem Nachmittagsseminar “Kreatives Schreiben” bei Regine Kaesberg teilgenommen. Die vielgestaltigen Impulse haben bei mir eine Reihe von Texten in Gang gesetzt, die ich hier gerne teilen möchte. Neu kennen gelernt habe ich dabei die Form des Rondells: Die erste, vierte und siebte Zeile sind gleich, die zweite und die achte Zeile wiederholen sich, die dritte, fünfte und sechste Zeile sind jeweils verschieden. Klar, dass ich das ausprobieren musste (und ich dachte, dass es nett sein könnte, auch entsprechend die Zeilenlängen zu variieren). Hier mein erster Versuch, verknüpft mit dem “Frühlings”-Impuls.

Es ist wieder Frühling.
Grün wird mein Herz.
Der kleine Krokus lugt munter aus den letzten Schneeresten hervor.
Es ist wieder Frühling.
Die verliebte Amsel singt noch heiser vom Winter ihr erstes Lied.
Der Wind streichelt sanft die noch kahlen Bäume.
Es ist wieder Frühling.
Grün wird mein Herz.

#frapalywo: Haus und Zimmer – “all in one”

Sophie Paulchens Lyrische Woche frapalywo kam diesmal für mich total ungelegen… doch haben sich die Impulse im Laufe der Woche in meinem Kopf selbstständig gemacht, und deshalb gibt es nun hier eine (nicht ganz erst gemeinte) frapalywo-Reihe in einem Schwung.

tag 1: die gute stube

nur herein
in die gute stube
doch nein! – ein
schlichtes zimmer
genügt nicht mehr,
da muss es schon ein
flottes loft sein

tag 2: hotelzimmer

ein stuhl, ein tisch
ein bad, ein bett,
tv, wc und internet

tag 3: flur

flurauf, flurab –
so geht’s nun seinen gang
und immer schön den korridor entlang

tag 4: gartenlaube

dort hinter der laube
nascht die taube
an der traube
und meine schraube
macht sich aus dem staube
dort hinter der laube

tag 5: dachkammer

wenn mein herz
im keller sitzt,
zieht mein kopf
in die mansarde

tag 6: hochhaus

hochhaus
hoch hinaus
hoch hinauf
hoch in den himmel hinauf
hoch und höher
hoch höher und höher
bis es nicht mehr
geht

tag 7: reihenhaus

hausanhausanhausanhaus
undweitundbreitkeinhaus, das aus
der reihe tanzt

#frapalymo 30-nov-16: Veränderung

Was für ein Abschluss: Der dreißigste und damit letzte Impuls – „was wir heute sind, sind wir morgen nicht – veränderung“ – passt doch nun wirklich! – Veränderung, das hat der frapalymo mit Sicherheit bewirkt: Letztes Jahr, als ich das erste Mal beim frapalymo mitgelesen habe, habe ich bei mir gedacht: “Da werde ich nie mitmachen! Gedichte auf Knopfdruck, das kann ich nicht.” Dieses Jahr dann hat es mich doch gereizt und gepackt – einfach mal als Selbsterfahrung, als Horizonterweiterung, als Schreibtraining… Und: Es war eine rundum gute Erfahrung! Ich will diesen Monat nicht missen, auch wenn ich mich darauf freue, ab morgen wieder “frei” zu sein und mir für meine Texte wieder die Zeit lassen zu können, die die Texte brauchen.
Aber von den Impulsen, die dieser November für mich bereitgehalten hat (und damit meine ich nicht nur die wunderbaren, sorgfältig ausgesuchten Impulse, die von Sophie ausgingen, sondern auch die Inspiration durch die vielen facettenreichen Umsetzungen der Mitfrapalymoist*innen – danke an Euch alle!) – von all diesen Impulsen werde ich wohl noch lange zehren… Ich bin gespannt, wie all diese Eindrücke aus diesem Monat in mir weiterarbeiten und wohin sie mich tragen werden. Und ich freue mich auf  die Veränderungen, die dieser Monat mit Euch in Gang bringen wird. DANKE!

 

Veränderung

Manchmal will ich
genau so bleiben,
wie ich gerade bin.

Manchmal will ich
auf keinen Fall so bleiben,
wie ich gerade bin.

Manchmal will ich
wieder genau so werden,
wie ich einmal war.

Manchmal will ich
genau so werden,
wie ich nie war und wie ich nicht bin.

Warum kann ich
nicht einfach sein,
wie ich bin?

Das wäre doch wahrlich
Veränderung genug.

#frapalymo 29-nov-16: Schatten

Beim neunundzwanzigsten (und damit vorletzten) Impuls„schatten“ – war ich versucht zu schummeln: Schon mehrfach habe ich Schattengedichte geschrieben… Ob mir überhaupt noch eins einfiele? Doch irgendwie – wie, das ist das große Geheimnis, ja Wunder des frapalymo – gelang mir dann doch noch ein Bild, mit dem ich halbwegs zufrieden bin, so dass ich mich wieder meiner alltäglichen Arbeit widmen kann.

 

Der Schatten eines Gedichts

Unversehens
huscht er vorüber,
kurz, im ersten Licht
der Morgendämmerung:
der Schatten eines Gedichts.

Er streicht mir tröstend
über die Tränen der Nacht.

Doch als ich nach ihm greife,
verschwindet er für immer
im Schatten, in seinem
Schatten, dem Echo
meiner Seele.