(k)ein eigentliches Gedicht

eigentlich sollte dies ein Gedicht werden.
doch eigentlich weiß ich nicht so recht,
was ich schreiben soll und warum eigentlich.

eigentlich kann ich Gedichte schreiben.
eigentlich Gedichte kann ich schreiben.
eigentlich schreiben kann ich Gedichte.
eigentlich ich kann Gedichte schreiben.

ja, ich kann Gedichte schreiben, eigentlich.
aber so wird das eigentlich kein Gedicht.
kein eigentliches Gedicht.

nur so

so? – so!
soso

so oder so:
nur so

 

Ule hat mir – Dank sei ihr! – zu Weihnachten ein “Wie für mich gemacht”-Buch geschenkt: Kerstin Preiwuß, Das Komma und das Und. Eine Liebeserklärung an die Sprache. Berlin: Duden 2019.
Kleine Wörter – ganz groß: Das ist ein Motto, das vielen meiner Sprach-Gedichte wie auf den Leib geschrieben ist. Umso merkwürdiger, wie dieses wunderbare Büchlein bisher meiner Aufmerksamkeit hatte entgehen können. Denn wie ich darin lesen kann, gibt es immer noch ein paar schöne Wörtchen (oder auch Satzzeichen), mit denen ich mich bisher noch nicht auseinandergesetzt habe und die es wert wären, dass ich ihnen ein kleines Gedicht widme (wie z. B. “so”) – höchste Zeit also, dies nachzuholen!
Und so (!) starte ich heute am ersten Tag dieses neuen Jahres eine neue Unterrubrik zu meiner Kategorie “Mit einfachen Worten”: “Kleine Wörter – ganz groß” – und werde nach und nach die bereits in diesem Sinne verfassten Gedichte dieser Kategorie zuordnen (wenn ich sie noch alle wiederfinde 😉 ).
Und warum das Ganze? Nur so.

Lyrifants Manifest (5): schReibweise

schReibweise

Madame, (das muss ich jetzt noch ansprechen, weil es mich nervt:) Was soll diese eigenwillige Schreibweise? – wie schön, dass Sie sich an meinem Schreiben reiben! ich nämlich schreibe, sobald ich mich reibe. indem ich mich reibe. an Wörtern. an Lauten. an Buchstaben. an Wortbildern. an Wortbildungen. an Wortbeugungen. an Wortverbeugungen. an Wortverbiegungen. an Wortabbiegungen. an allem, was Wort ist – und indem ich schreibe, wie ich schreibe, zeige ich, woran ich mich reibe. und ich zeige, woran ich mich reibe, indem ich schreibe, wie ich schreibe. indem ich schreibe. indem ich schReibe. schreibweise. reibweise.
die Schreibweise ist meine Schreibwiese. in meiner Schreibweise zeigt sich meine Reibweise (reib- und schreibweise). meine Schreibweise ist meine Reibwiese, nicht abgeschrieben, sondern abgerieben. Schreibweisen sind Reib(w)eisen. widerständig. ein Widerstand im LeseFluss. im LeseStrom. auf dass sich das Lesen besinnt. beSinnt. sinnt. nachsinnt über das Wort. über jedes Wort. über jedes Zeichen. auch: über jedes SatzZeichen. denn: Zeichen machen Sätze. (Grund)Sätze! grundlos. aber: ins Bodenlose. ins Off. ins Offene –
wohin auch sonst?

Nächstens mehr.

Lyrifants Manifest (4): unFug

unFug

Madame, ist das nicht hanebüchener Unfug? – Unfug? Unsinn! nein, kein Scherz! das ist doch gerade der Witz! oder: der Aberwitz! ja: hanebüchener Unfug! Was auch sonst?
mit Fug und Recht: Unfug ist die Fugenmasse, mit der ich Wort für Wort verfuge. fugendicht. zum Gedicht. so dass sich Wort an Wort dicht fügt. fügsam. füglich. gefügig. fugato. oder auch nicht. sondern: ungefüge. ungefügig. Unfug eben.
alles fügt sich. oder: nicht alles fügt sich. oder: alles fügt sich nicht. oder: nichts will sich fügen – das alles ist Unfug: Fug und Unfug zugleich. das ist Unsinn: Sinn und Unsinn zugleich. denn auch im Unsinn liegt Sinn. und zugleich: seine Negation. das ist der Witz.
jetzt mal im Ernst: wie ernst muss Lyrik sein? muss Lyrik ernst sein, um Lyrik zu sein? und ist Lyrik, die nicht ernst ist, keine Lyrik? das wäre ein schlechter Scherz! es lehrt die Erfahrung, dass Lyrik, die gänzlich unernst daherkommt, dennoch durch und durch ernst, zumindest ernst gemeint sein kann. und es ist ein Treppenwitz der Lyrikgeschichte, dass Lyrik, die sich durch und durch ernst gibt, durch und durch hanebüchener Unsinn sein kann. Ernst allein ist kein Qualitätsmerkmal für gute Lyrik. Scherz allein allerdings auch nicht. ich meine es ernst: Scherz ist die Kehrseite von Ernst. und: Ernst ist die Kehrseite von Scherz. daher mein Ratschlag an die Dichterin, den Dichter: sei stets heiter in deinem Ernst, sei stets ernst in deinem Scherz. mach UnFug im wahrsten Sinne des Wortes. habe Witz: Fürwitz, Aberwitz, Wahnwitz auch. Wortwitz vor allem. dann bist du eine Dichterin, die, ein Dichter, der diesen Namen verdient.