Farbiges Sonett

ein Vers in Rot
ein Vers in Grün
ein Vers in Gelb
ein Vers in Blau

ein Vers in Schwarz
ein Vers in Weiß
ein Vers in Braun
ein Vers in Grau

ein Vers in Rosa
ein Vers in Lila
und noch ein Vers in Violett

ein Vers in Silber
ein Vers in Gold
das gibt ein farbiges Sonett

Kleine Blödelei am Abend…

Von den Blumen in meinem Garten

für Anke zum Dank für die schöne Idee, dass es vielleicht Menschen gibt, für die Nelke ein Dichter und Mörike eine Blume ist

Was hab ich so feine Blumen
in meinem kleinen Garten:
Die Mörike blüht blau,
wenn lau der Frühling naht.
Die Günderode windet sich
und findet sich stets nah am Wasser.
Das Brentano wuchert überall,
mit einem Knall erwacht der Tieck.
Die Arnim halten sich zurück
im Blüheglück, sie warten, bis
die Schlegel knospen zart.
Bald ist’s vorbei: Der Sommer macht
in voller Pracht, dass nur noch Heine
aus allen Ritzen lacht.

Gestern in der Straßenbahn

hinter mir hör ich
sich eine Bierflasche öffnen

ein Stier steigt ein und lässt sich
auf den Sitz vor mir fallen, wo
zuvor noch die bunte Hexe saß

ich blicke aus dem Fenster und
sehe ein Krokodil telefonieren,
drei Kühe schwanken über den Gehweg,
Matrosenmützen stehen hoch im Kurs

vom hinteren Teil des Wagens hört man
Lachen, Singen, Johlen, Grölen – und
eine graue Maus tanzt mit einer rosa Katze

kein Pirat weit und breit,
auch Cowboys sieht man heute selten,
schwarzer Engel, steh mir bei

beim Aussteigen fällt mein Blick
auf eine traurige Giraffe – nicht einmal
die Tigerin vermag sie aufzuheitern,
ich fange ein fernes Lächeln auf
und steige aus

ein kleines Einhorn kreuzt meinen Weg

5./6.1. Maunzraunznacht

alle Jahre verklingt das bedächtliche nächtliche Raunen
wieder im täglichen kläglichen Maunzen und Raunzen
fort sind die gewesenen Wesen mit ihren labenden Gaben
fort die begeisternden Geister aus schäumenden Träumen
alle Jahre versinkt das nächtliche Staunen und Raunen
wieder im unsäglichen täglichen Raunzen und Maunzen
doch gedenke der feinen Steine, die die Nächte dir ließen
fließen in deine Hand: einen für jede Stunde, für jeden Monat
einen – und denke stets daran: es ist immer fünf vor

zwölf

 

Erste Version

alle Jahre verklingt das bedächtliche nächtliche Raunen
wieder im täglichen kläglichen Maunzen und Raunzen
fort sind die gewesenen Wesen mit ihren labenden Gaben
fort die begeisternden Geister aus schäumenden Träumen
alle Jahre verklingt das bedächtliche nächtliche Raunen
wieder im täglichen kläglichen Maunzen und Raunzen
doch gedenke der feinen Steine, die die Nächte dir ließen
fließen in deine Hand: einen für jede Stunde, für jeden Monat
einen – und denke stets daran: es ist immer fünf vor

zwölf