ich bin nicht die geblieben,
die ich einmal war.
ich bin nicht die geworden,
die ich hatte werden wollen.
ich könnte jetzt sagen: ich bin die,
die ich eben bin. doch bin ich das?
bin ich nicht doch auch die,
die ich einmal war, und die,
die ich hatte werden wollen –
nur eben als die, die ich
jetzt bin oder die ich jetzt
zumindest glaube zu sein?
AufBruch. Späte Pubertät
Mutter und Tochter
wenn ich an uns denke, bist du
meine Mutter und ich deine Tochter:
die Tochter meiner Mutter
wenn du an uns denkst, bin ich
deine Tochter und du meine Mutter:
die Mutter deiner Tochter
Eltern und wir
wir sollten es einmal besser haben
als sie, so wollten und wollen sie es
wir haben es heute wirklich besser
als sie, so schmollen sie nun
wir dächten wohl, wir seien etwas Besseres
als sie, so grollen sie uns
wir aber wollten doch nur ihren Wunsch erfüllen
und ihnen damit unseren Dank zollen
EigenSinn
ist es nicht ebenso sinnig wie eigen,
dass uns Eigensinn nur sinnig erscheint,
solange es unser eigener ist?
zu Neujahr
was war, war
was ist, ist
was kommt, kommt:
ich bin
bereit
In diesem Sinne: Alles Liebe zum Neuen Jahr und zum Neuen Jahrzehnt!
Beethoven hören
zum offiziellen Beginn des Beethoven-Jahres: ein Outing
Beethoven hören
bedeutet für mich:
nach Hause kommen
zu mir und zuhause
sein, ganz bei mir
verletzt
verletzt
bin ich nicht nur,
weil ihr mich
immer wieder
verletzt, sondern
weil ihr meine
Verletzlichkeit
immer wieder
ignoriert
Ausweg
Manchmal fürchte ich,
ich muss von Euch gehen,
um zu mir zu kommen.
Das böse Kind
In den Augen meiner Eltern
bin ich stets das böse Kind, das
ihren Händen längst entglitten ist.
Sie haben kein Ohr für mein Glück.
Ihre Nase riecht in allem das Böse,
das ihnen ihr Kind entzogen hat.
Ihre Zunge kennt nur noch
Wut und Hass. Ihr Herz schreit
nach Liebe, doch ihre Füße treten
mich und machen aus mir
das, was ich in ihren Augen bin:
das böse Kind.
Bitte an meine Eltern
Gießt immer wieder Öl ins Feuer
und seid überrascht,
dass es nun überall brennt.
Stecht mit der Nadel in den Luftballon
und seid enttäuscht,
wenn er platzt.
Hackt mir die Wurzeln ab
und seid verwundert,
dass ich nicht wachse und blühe.
Ich bin es leid,
Brände zu löschen,
Luftballons aufzublasen,
neue Wurzeln zu schlagen und
autotherapeutische Texte zu schreiben:
Hört einfach damit auf.
Bitte.
Meine Wunden trag ich offen
Meine Wunden
trag ich offen,
eure Finger
fürcht ich nun nicht mehr.
Die alten Ängste
hab ich abgelegt,
nie mehr werd ich
mir eure Augen überziehen.
Ein leichtes Fieber
streif ich mir über,
bevor ich zu euch geh.
Wohl fühl ich mich
in meiner neuen dünnen Haut.
Schlag auf Schlag
Ihr habt mich geschlagen
– Schlag auf Schlag –
mit Euren Stockschlägen
auf Haut und Herz.
Ihr habt mich geschlagen
– Schlag auf Schlag –
mit Euren Ratschlägen
für meine Wunden.
Ihr habt mich geschlagen
– Schlag auf Schlag –
mit Euren Umschlägen
auf meine Narben.
Ihr habt mich geschlagen
– Schlag auf Schlag –
mit Euren Vorschlägen
für meinen Schmerz.
Ihr habt mich geschlagen
– Schlag auf Schlag –
mit Euren Anschlägen
auf meinen Leib und auf mein Leben,
mit Euren Querschlägen
gegen alles, was mir lieb ist.