Noch immer arbeitet Primo Levis “Die Untergegangenen und die Geretteten” in mir – und der Bezug zu heute.
Das Meer heute dürfte
einer ähnlichen Logik folgen
wie damals die Lager:
Wer das Meer überlebt,
hat seinen Grund nicht berührt.
Die Logik des Meeres dürfte
ähnlich unerbittlich sein:
Wer das Meer überlebt,
ist nicht untergegangen –
aber ist er gerettet?
Es ist auf den ersten Blick bestechend, das Wort Lager durch Meer zu ersetzen und umgekehrt – aber irgendwas stimmt da trotzdem nicht: Das Meer ist natürlicherweise gefühllos, das Lager hingegen von Menschen ohne Menschlichkeit verwaltet – aber ich bin völlig unsicher, ob es gerade dieses ist, was mich Stimmigkeit vermissen lässt.
Für mich ist das Meer eine perfide Verfeinerung des Lagers, weil es scheinbar ohne unmenschliche Menschen funktioniert – es gibt diesen Menschen ohne Menschlichkeit, die diese Fluchten zulassen, erzwingen oder auch verursachen, den Anschein der Schuldlosigkeit und noch dazu die Möglichkeit, Menschlichkeit zu heucheln.
Du hast diese Analogie tief durchdacht: so kann ich dir besser folgen, und das Gefühl von Unstimmigkeit schwächt sich ab.
dieses gedicht ist stark. und die 2.strophe geht tief..
die frage in der letzten zeile macht es dann zu etwas ganz besonderem.
liebe grüße
gabriele