Es twittern die Spatzen von den Dächern:
Ist die Katze aus dem Netz,
surfen die Mäuse.
Wie man in den Wald hineinpostet,
so mailt es heraus.
Wo man bloggt, da lass dich ruhig nieder.
Was miteinander chattet,
das liket sich.
Sprache
Meine verschlagene Sprache
Meine Sprache
hat mich
an einen Ort
verschlagen,
wo sie mir
die Sprache
verschlägt.
Sie lächelt
verschlagen
und hält mich
gefangen in ihrem
Verschlag.
Hymne auf das Wörterbuch
Das liebste Buch
ist mir das
Wörterbuch.
Es nennt
die Wörter
bei ihrem Namen.
Es sieht
den Wörtern
ins Gesicht.
Es kennt
der Wörter
Her- und Zukunft.
Es spricht
der Wörter
Sprache
und denkt
ein jedes Wort
zu Ende.
Es fasst
ein jedes Wort
in das ihm eigene Gefäß.
Es setzt
ein jedes Wort
in den ihm eigenen Satz.
Es träumt
die Wörter
zu Gedichten und Geschichten
und lässt doch
die Wörter
Wörter sein,
indem es
Wort und Sache
trennt
und für jedes seiner Wörter
in gleichem Maße
brennt.
Wo meine Worte nur
Wo meine Worte nur
von tauben Ohren gehört
von blinden Augen gelesen
von stummen Sinnen vernommen
werden
Wo meine Worte nur
in einen falschen Hals
in ein wundes Hirn
in ein kaltes Herz
kommen
Wo meine Worte nur
unverstanden
missverstanden
falsch verstanden
bleiben
bleibt mir nur
der Rückzug in die
Sprachlosigkeit
In zwei Sprachen
Obgleich wir
in der gleichen Sprache
miteinander sprechen,
sprechen wir nicht
die gleiche Sprache.
Wir sprechen zwar beide
in meiner Sprache, aber
Du sprichst mit mir
Deine Sprache
in meiner Sprache, und
ich spreche mit Dir
meine Sprache
in meiner Sprache.
Es würde nicht helfen,
sprächen wir miteinander
in Deiner Sprache, denn
Du sprächest mit mir
Deine Sprache
in Deiner Sprache, und
ich spräche mit Dir
meine Sprache
in Deiner Sprache.
Ich könnte genauso gut
mit Dir
meine Sprache
in meiner Sprache sprechen,
während Du
mit mir
Deine Sprache
in Deiner Sprache sprichst.
Ist damit das letzte Wort
gesprochen?
Das letzte Wort
in Deiner Sprache wie
in meiner Sprache?
Das letzte Wort
Deiner und
meiner Sprache?
Dichterworte
Wer dichtet, ist ein Wortungeheuer,
das in Wörtern
nach Worten taucht.
Wer dichtet, ist ein Wortsammler,
der zwischen Wortfetzen und
treibendem Wortgut
manch Wortschatz entdeckt.
Wer dichtet, ist ein Wortkenner,
der – das Ohr am Wortlaut –
von jeder Wortart
ein Wörtchen zu sagen weiß.
Wer dichtet, ist ein Wortspieler,
der neue Wörter
aus dem Wortschwall schöpft,
der Phrasen
auf dem Wortfeld drischt,
der Sprüche
im Wortbruch klopft.
Wer dichtet, ist ein Wortführer,
der den Wortreichen
ihr großes Wort abschneidet
den Wortmächtigen
das Wort aus dem Mund nimmt
und den Wortlosen
das letzte Wort gibt.
Wer dichtet, ist ein Wortverdreher,
der um Wort und Antwort,
um Spruch und Zuspruch,
um Rede und Gegenrede
nie verlegen ist und
der das Wort ergreift,
um dem Wort das Wort zu reden.
Wer dichtet, ist ein Wortklauber,
der jedes Wort auf die Goldwaage legt,
und sich selbst das Wort im Mund umdreht,
der ins Wort fällt,
der im Wort steht,
der sein Wort hält.
Wer dichtet, den kannst du
beim Wort nehmen, denn
wer dichtet, lässt kein Wort fallen,
wer dichtet, verliert kein Wort.
Wer dichtet, ist ein Wortkünstler,
der dir sein Wort gibt,
weil ihm die Worte fehlen.
Alles hat seine Sprache
Alles hat seine Sprache.
Es gibt eine Sprache des Himmels
und eine Sprache der Erde.
Es gibt eine Sprache der Berge
und eine Sprache des Meeres.
Es gibt eine Sprache der Tiere
und eine Sprache der Pflanzen.
Alles hat seine Sprache.
Es gibt eine Sprache der Trauer
und eine Sprache der Freude.
Es gibt eine Sprache des Zorns
und eine Sprache der Lust.
Es gibt eine Sprache der Angst
und eine Sprache des Glücks.
Es gibt eine Sprache der Liebe
und eine Sprache des Hasses.
Alles hat seine Sprache.
Es gibt eine Sprache für den Freund
und eine Sprache für den Feind.
Es gibt eine Sprache für die Eltern
und eine Sprache für die Kinder.
Es gibt eine Sprache für die Frau
und eine Sprache für den Mann.
Alles hat seine Sprache.
Es gibt eine Sprache zum Arbeiten
und eine Sprache zum Spielen.
Es gibt eine Sprache zum Fluchen
und eine Sprache zum Beten.
Es gibt eine Sprache zum Loben
und eine Sprache zum Tadeln.
Es gibt eine Sprache zum Töten
und eine Sprache zum Überleben.
Alles hat seine Sprache.
Es gibt eine Sprache zum Sprechen
und eine Sprache zum Schreiben.
Es gibt eine Sprache zum Denken
und eine Sprache zum Handeln.
Es gibt eine Sprache zum Singen
und sogar eine Sprache zum Dichten.
Die Sprache zum Dichten aber spricht
die Sprache des Himmels und der Erde,
die Sprache der Berge und des Meeres,
die Sprache der Tiere und der Pflanzen;
die Sprache der Trauer und der Freude,
die Sprache des Zorns und der Lust,
die Sprache der Angst und des Glücks,
die Sprache der Liebe und des Hasses;
die Sprache für den Freund und für den Feind,
die Sprache für die Eltern und für die Kinder,
die Sprache für die Frau und für den Mann;
die Sprache zum Arbeiten und zum Spielen,
die Sprache zum Fluchen und zum Beten,
die Sprache zum Loben und zum Tadeln,
die Sprache zum Töten und zum Überleben;
die Sprache zum Sprechen und zum Scheiben,
die Sprache zum Denken und zum Handeln,
die Sprache zum Singen und zum Dichten.
Alles hat seine Sprache.
Alles spricht seine Sprache
im Gedicht.
Biographie
anfangs über Tische und Bänke
später zwischen allen Stühlen
immer mit der Tür ins Haus
geradewegs durch die Wand
gern auch aufs Dach
oft über den Zaun
mal um die Häuser
mal in fremden Betten
ab und zu aus dem Fenster
wenn nötig durch den Kamin
meist achtlos in der Ecke
oft im Keller
noch was in der Schublade
gut versteckt im Schrank
viel unter der Decke
viel unter den Teppich
am Ende hinterm Ofen
zu guter Letzt am Boden
Das Lied vom Leben
mal hier, mal dort
stets überall und nirgends
nur mal eben
sofort und gleich
allzeit allerorten
hin und wieder
im Hier und Jetzt
ab und zu
im Dort und Einst
dann und wann
im Da und Dann
immerzu
im Auf und Ab
im Hin und Her
immerzu, immerfort
fort und weg
nie und nimmer
heim
irgendwann im Nirgendwann
irgendwo im Nirgendwo
ganz da
ganz nah
ganz ja
für immer und ewig
Grammatik der Liebe
Du bist das
Dich zu meinem Mich.
Du bist das
Dir zu meinem Mir.
Du bist das
Dein zu meinem Mein.
Du bist das
Du zu meinem Ich.
Du bist das
Dich auf mein Wohin.
Du bist das
Dir auf mein Woher.
Du bist das
Dein auf mein Warum.
Du bist das
Du auf mein Wozu.
Du bist das Dich,
das ich liebe.
Du bist das Dir,
dem ich vertraue.
Du bist das Dein,
dessen ich gedenke.
Du bist das Du,
das mich liebt.
Du bist das Du,
das mir vertraut,
Du bist das Du,
das mein gedenkt.
Du bist mein, ich bin Dein.
Du gehörst mir, ich gehör’ Dir.
Du liebst mich, ich lieb’ Dich.
Du bist ich, ich bin Du.
Für Dich schreibe ich.
Mit Dir lebe ich.
Deinetwegen bin ich.
Du bist mein Schreiben, mein Leben, mein Sein.
Du bist das
Dich, Dir, Dein, Du
in meinem Leben.
zum 14. Hochzeitstag
Die Gaben des Dichters
Dem Zorn eine Stimme.
Dem Leid ein Gesicht.
Der Angst den Rücken.
Dem Schmerz eine Schulter.
Dem Unrecht die Stirn.
Dem Frieden die Hand.
Auf die Liebe ein Auge.
Der Menschheit ein Ohr.
Der Welt in den Hintern.
Die Kunst vom Kopf auf die Füße.
Und nicht zuletzt:
Der Suppe ein Haar.
Auf fremdem Sprachkurs
Obgleich
aus derselben Sprachfamilie
sind wir doch
ein ungleiches Wortpaar.
Ich habe mich häuslich auf meiner
Sprachinsel eingerichtet.
Ich springe fröhlich von
Sprachzweig zu Sprachzweig,
pflüge mich beharrlich von
Wortfeld zu Wortfeld,
blase in jedes
Sprachrohr, das sich mir bietet,
hebe frischen Mutes
Wortschatz um Wortschatz,
schaffe mir
Sprachraum um Sprachraum,
zaubere mir
Wortreich um Wortreich
mit meinem Buchstab.
Sprachlos
schaust Du mir zu.
Bleibst einsilbig.
Wortkarg.
Für Dich segle ich
auf fremdem Sprachkurs.
Meine Wortbildung tut Dir
Sprachgewalt an.
Mein Wortwitz verletzt Deine
Sprachgefühle.
Meine Wortbrüche sind
Silbenrätsel für Dich.
Ich habe die Wortwahl.
Du willst Klartext.