ihr seht mich rot: ich bin ein rotes Tuch
an einem roten Faden, rot geweint
nie wird ein roter Teppich, nie
ein Rotkäppchen daraus
vielleicht reicht es für
einen roten Knopf
Rot
Trilogie: Minnesangs Farben – Rot
rôtez mündelîn
Ein Rotes Elfchen von Heinrich von Morungen
daz
ein lützel
was versêret ir
vil vröuden rîchez rôtez
mündelîn
Für dieses Rote Elfchen habe ich einen Vers aus dem Narzisslied Heinrichs von Morungen “Mir ist geschehen als einem kindelîne” (zitiert nach Minnesangs Frühling, MF 145,1, Strophe 2, Verse 7f.) neu angeordnet. Der enigmatische Vers über die unerklärte Verletzung des roten Mündleins der Minnedame bekommt eine – wie ich finde – zu ihm gut passende Form: Steigerung mit dem “mündelîn” als Höhe- und Kristallisationspunkt des Gedichts.
Inspiriert wurde diese Trilogie und speziell dieses Gedicht durch Sophie Paulchens #frapalymo im November 2016 (Impuls No. 22)Worthilfen: lützel = wenig; versêret = verletzt, verwundet
#frapalymo 22-nov-16: Rotes Elfchen
Der zweiundzwanzigste Impuls – „schreibt ein rotes elfchen“ – fiel mir nicht so leicht wie das “blaue tanka”. Das mag daran liegen, dass ich kein so gutes Verhältnis zur Farbe Rot habe (wohlgemerkt als Farbe, nicht politisch 🙂 ). Und wohl auch daran, dass ich mit Elfchen nicht so gut kann: Sie sind zwar schön kurz, und ich habe auch nichts gegen strenge Formvorgaben, aber ich glaube, mich stört, dass sich das Elfchen der üblichen Syntax widersetzt… Und so habe ich also Versuch um Versuch geschrieben und geschrieben (von Rotwein, von Liebe und Hass, von Kirschen, vom Mohn, vom linken Herzen, vom Rotfuchs usw.) – aber alles nicht wirklich vorzeigbar. Aber dann standen plötzlich diese Zeilen im Raum:
Rotes Elfchen
Angst
Nachtrotes Ungeheuer
Schläft in mir
Ich wecke sie nicht:
Morgenröte