Bei Dir
suche ich
Frühlingsstaub
unter Herbstlaub.
Bei Dir
finde ich
Winterklee
im Sommerschnee.
Bei Dir
suche ich
Frühlingsstaub
unter Herbstlaub.
Bei Dir
finde ich
Winterklee
im Sommerschnee.
Sei Nacht zu mir!
Am Rande dieser Tage,
mit vielen Worten ohne Gesicht.SAID, Sei Nacht zu mir. Liebesgedichte. München 1998
Sei Nacht zur mir!
Im Schatten jener Tage,
voll des Lichts.
Sei Tag zu mir!
Im Lichte jener Nächte,
voller Schatten.
Sei Nacht zu mir!
Im Schatten jener Tage,
die mich anschreien
mit ihren Händen.
Sei Tag zu mir!
Im Lichte jener Nächte,
die mich anschreien
mit ihren Augen.
Sei Nacht zu mir!
Im Schatten dieser Nächte
schlafe ich im Lichte
Deiner Augen.
Sei Tag zu mir!
Im Lichte dieser Tage
wache ich im Schatten
Deiner Hände.
Ich schreibe über Dich und mich.
Ich schreibe mich an Dich.
Ich schreibe mich zu Dir.
Ich schreibe mich auf Dich.
Ich schreibe mich Dir unter die Haut.
Ich schreibe mich ein in Dich.
Ich schreibe mich aus in Dir.
Ich beschreibe mich mit Dir.
Ich umschreibe mich mit Dir.
Ich erschreibe mich mit Dir.
Ich überschreibe mich Dir.
Ich schreibe mich Dir zu.
Ich verschreibe mich Dir.
Ich verschreibe Dich mir.
Ich schreibe mich ab ohne Dich.
Ich schreibe mich ab von Dir.
Ich überschreibe mich mit Dir.
Ich zerschreibe mich für Dich.
Ich schreibe mich um durch Dich.
Ich unterschreibe Dich mit mir.
Du bist das
Dich zu meinem Mich.
Du bist das
Dir zu meinem Mir.
Du bist das
Dein zu meinem Mein.
Du bist das
Du zu meinem Ich.
Du bist das
Dich auf mein Wohin.
Du bist das
Dir auf mein Woher.
Du bist das
Dein auf mein Warum.
Du bist das
Du auf mein Wozu.
Du bist das Dich,
das ich liebe.
Du bist das Dir,
dem ich vertraue.
Du bist das Dein,
dessen ich gedenke.
Du bist das Du,
das mich liebt.
Du bist das Du,
das mir vertraut,
Du bist das Du,
das mein gedenkt.
Du bist mein, ich bin Dein.
Du gehörst mir, ich gehör’ Dir.
Du liebst mich, ich lieb’ Dich.
Du bist ich, ich bin Du.
Für Dich schreibe ich.
Mit Dir lebe ich.
Deinetwegen bin ich.
Du bist mein Schreiben, mein Leben, mein Sein.
Du bist das
Dich, Dir, Dein, Du
in meinem Leben.
zum 14. Hochzeitstag
Feuer gefangen
ins kalte Wasser gesprungen
die Luft angehalten
keinen Fuß mehr auf die Erde bekommen
Feuer und Flamme
Wasser und Wein
Luft und Liebe
Himmel und Erde
durchs Feuer gegangen
mit allen Wassern gewaschen
aus der Luft gegriffen
auf der Erde geblieben
Feuer=Werk
Wasser=Fall
Luft=Sprung
Erd=Beben
Bilder: Lyrifant, Acryl auf Leinwand, 10 x 10 cm
Warum darf ich nicht
sprechen über das, was
Dir nahe geht?
Denkst Du,
mir geht es nicht
genauso nahe wie Dir?
Warum willst Du nicht,
dass ich Dir nahe bin in dem, was
Dir nahe ist?
Fürchtest Du,
ich trete Dir zu nahe,
wenn ich Dir nahe sein will
auch in dem, was nur
Dir nahe ist?
Wäre ich Dir näher,
wenn ich Dich allein ließe
mit dem, was
Dir nahe geht,
mit dem, was
Dir nahe ist?
Aber dabei in der Nähe bleibe?
Manchmal bist Du so weit weg,
obwohl Du neben mir bist.
Ich frage: Wo bist Du?
Du sagst: Bei Dir.
Bin ich es, die
so weit weg ist?
Ein Gedicht noch aus unseren Anfangstagen…
Du schreibst
von rechts nach links.
Und ich schreibe
von links nach rechts.
Das gibt uns die Chance,
uns aufeinander zu
zu schreiben.
Es birgt für uns aber auch die Gefahr,
uns voneinander weg
zu schreiben.
Nur eins wird uns nie gelingen:
uns parallel in die gleiche Richtung
zu schreiben.
Gut, dass Schreiben und L(i)eben
zwei verschiedene Dinge sind.
Weg von Dir
fehlst Du mir.
Ganz nah bei Dir
fehlt nichts mir.
Zu eng mit Dir
fehl’ ich mir.
Wieder weg von Dir
wieder fehlst Du mir.
Einen Floh
hat mir die Liebe,
die alte Schelmin,
vor langer Zeit
ins Ohr gesetzt.
Ich kann ihn noch immer husten hören.
Deshalb habe ich
noch immer
einen Frosch im Hals,
bevor ich Dir sage,
dass ich Dich liebe,
Schmetterlinge im Bauch,
wenn ich Dich die Treppe
herauf kommen höre,
Hummeln im Hintern,
sobald ich zu lange
auf Dich warten muss –
wie am ersten Tag.
Sei kein Frosch!
sagt die Liebe.
Das sind kleine Kröten,
schluck sie!
Die Liebe bleibt eben
hochgradig
insektuös und amphib –
auch wenn die Bienen
nicht mehr so flott sind
wie am ersten Tag.
Obgleich
aus derselben Sprachfamilie
sind wir doch
ein ungleiches Wortpaar.
Ich habe mich häuslich auf meiner
Sprachinsel eingerichtet.
Ich springe fröhlich von
Sprachzweig zu Sprachzweig,
pflüge mich beharrlich von
Wortfeld zu Wortfeld,
blase in jedes
Sprachrohr, das sich mir bietet,
hebe frischen Mutes
Wortschatz um Wortschatz,
schaffe mir
Sprachraum um Sprachraum,
zaubere mir
Wortreich um Wortreich
mit meinem Buchstab.
Sprachlos
schaust Du mir zu.
Bleibst einsilbig.
Wortkarg.
Für Dich segle ich
auf fremdem Sprachkurs.
Meine Wortbildung tut Dir
Sprachgewalt an.
Mein Wortwitz verletzt Deine
Sprachgefühle.
Meine Wortbrüche sind
Silbenrätsel für Dich.
Ich habe die Wortwahl.
Du willst Klartext.
Liebe geht durch den Magen,
der Darm muss sie erst einmal verdauen.
Sie setzt uns Schmetterlinge in den Bauch,
verschlägt uns den Atem.
Sie geht an die Nieren,
läuft über die Leber,
speit Blut und Galle,
wenn es sein muss.
Sie macht blind,
vernebelt das Gehirn,
trifft mitten ins Herz.
Nur mit der Milz hat sie nichts am Hut.