Warten auf den Schnee

und wieder heißt es:
Warten auf den Schnee, der
dann doch wieder nicht kommen
wird, der zwar immer wieder vorher-
gesagt wird, aber dann doch nicht
kommt, der immer nur anderswo
fällt, aber nie hier, wo ich warte:
Warten auf den Schnee, der
dann doch wieder nicht kommen
wird, so wie das große Glück, das
auch nicht kommt, nie kommen wird
und auf das ich auch immer schon
vergeblich warte

Schneeverse

in Schnee schrieb ich
meine alten Lieder, schrieb sie
ins Reine – Vers für Vers: horch,
wie harsch sie knirschen
unter meinem Schritt

aus Schnee schreib ich
meine neuen Verse, schreib sie
ins Weiße – Flocke um Flocke: sieh,
wie forsch sie stieben
über meinem Kopf

von Schnee schrieb ich
meine alten Lieder, von Schnee
schreib ich meine neuen Verse: fühl,
wie sie schon beginnen zu schmelzen
in der noch verhaltenen Wärme
der Wintersonne

(k)ein eigentliches Gedicht

eigentlich sollte dies ein Gedicht werden.
doch eigentlich weiß ich nicht so recht,
was ich schreiben soll und warum eigentlich.

eigentlich kann ich Gedichte schreiben.
eigentlich Gedichte kann ich schreiben.
eigentlich schreiben kann ich Gedichte.
eigentlich ich kann Gedichte schreiben.

ja, ich kann Gedichte schreiben, eigentlich.
aber so wird das eigentlich kein Gedicht.
kein eigentliches Gedicht.

das Warten auf den Schnee

Lyrifants Adventskalender 2023
Türchen 18

die Luft atmet Schnee, doch
es will einfach nicht schneien –
am liebsten würd ich mir nun
die Schneekugel geben, doch
ich hab gar keine – so bleibt mir
nur das Warten: das Warten

auf den Schnee

bleibt es mir nur? – einst
schrieb ich voller Übermut:
“schneien möcht ich” …
sollte ich es nun nicht doch
versuchen? die Luft atmet
Schnee – und ich bin bereit:

schneien werd ich, bis es
endlich – endlich! –
schneit

nur so

so? – so!
soso

so oder so:
nur so

 

Ule hat mir – Dank sei ihr! – zu Weihnachten ein “Wie für mich gemacht”-Buch geschenkt: Kerstin Preiwuß, Das Komma und das Und. Eine Liebeserklärung an die Sprache. Berlin: Duden 2019.
Kleine Wörter – ganz groß: Das ist ein Motto, das vielen meiner Sprach-Gedichte wie auf den Leib geschrieben ist. Umso merkwürdiger, wie dieses wunderbare Büchlein bisher meiner Aufmerksamkeit hatte entgehen können. Denn wie ich darin lesen kann, gibt es immer noch ein paar schöne Wörtchen (oder auch Satzzeichen), mit denen ich mich bisher noch nicht auseinandergesetzt habe und die es wert wären, dass ich ihnen ein kleines Gedicht widme (wie z. B. “so”) – höchste Zeit also, dies nachzuholen!
Und so (!) starte ich heute am ersten Tag dieses neuen Jahres eine neue Unterrubrik zu meiner Kategorie “Mit einfachen Worten”: “Kleine Wörter – ganz groß” – und werde nach und nach die bereits in diesem Sinne verfassten Gedichte dieser Kategorie zuordnen (wenn ich sie noch alle wiederfinde 😉 ).
Und warum das Ganze? Nur so.

Bitte, Danke, Entschuldigung

Es mögen wichtige Wörter sein, ja gewiss, doch alles, Seine Heiligkeit, das müssen Sie schon zugeben, lässt sich damit doch nicht regeln!

Bitte,
mein Kleiner,
still mein unheiliges Verlangen

Danke,
mein Kleiner,
gabst mir für Momente Erlösung

Entschuldigung,
mein Kleiner,
vergib mir meine tiefe Schuld

Lyrifants Gruß zu Weihnachten

Hier sei dir geschwind entdeckt,
was im Geschenkanhänger steckt:
ein großes Päckchen guten Mutes
für diese schwere, dunkle Zeit,
dazu lamettaweise Gutes
und Fantasie, in der es schneit,
dazu noch eine Scherbe Glück
und dieser Fahrschein in die Zeit zurück,
als wir noch unbeschwert in Scharen
zur Weihnachtszeit zusammen waren.

Mit diesem Weihnachtsgedicht, das Lyrifant in diesem Jahr in kleinen Geschenkanhängern (Ihr seht es im Bild) oder als PowerPoint-Präsentation an all seine Lieben geschickt hat, sei Euch für Eure Treue, mit der Ihr diesem Blog folgt, ganz herzlich gedankt. Und ich wünsche Euch ein wunderschönes Weihnachtsfest (im Kreis Eurer Lieben, so dies möglich ist) und einen geruhsamen (immerhin: böllerfreien) Jahreswechsel! Kommt bitte alle gut durch diese schwere Zeit und bleibt gesund und heiter!