Jenseits von
Ja oder Nein
blinzelt
das Leben.
Jenseits von
Für oder Wider
lächelt
die Liebe.
Jenseits von
Schwarz oder Weiß
ist es
bunt.
Jenseits von
Ja oder Nein
blinzelt
das Leben.
Jenseits von
Für oder Wider
lächelt
die Liebe.
Jenseits von
Schwarz oder Weiß
ist es
bunt.
Mein Ich
will sich
von mir
trennen.
Was bleibt
von mir, wenn
mein Ich nicht mehr
bei mir ist?
Ich frage
mein Ich:
Was stört dich denn
an mir?
Du bist
nicht mehr Ich,
klagt
mein Ich.
Bleib doch
bei mir,
bitte ich
mein Ich.
Mein Ich
lächelt:
Nur, wenn
du gehst.
Jetzt habe ich
die Wahl:
Mein Ich
oder ich.
in geschichten
und gedichten
mal im licht
mal im dickicht
bald auf sicht
im leichten und seichten wie
im wichtigen und richtigen
auf dem teppich
unterm strich
im gekicher
im gestichel
im mich, im dich
im stich
im nichts
ich bin ich
oder?
ich bin du für dich
ich bin sie für sie und ihn und sie
ich bin wir für dich und mich, für uns
ich bin ihr für euch
ich bin Sie für Sie
ich bin zu oft nur mich
ich bin zu oft nur mir
ich bin viel zu selten wirklich ich
hier wie dort
weder hier noch dort
schon viel zu lange
weg von dort
von dort hierher
hier nur der von dort
hier nie ganz hier
hier immer noch dort
nur bald wieder
weg von hier
von hier dorthin
dort wieder der von hier
dort ganz dort
dort wieder hier –
doch
nie mehr dorthin
nie wieder dort
für immer hier
für immer hier
und doch nicht hier
nicht dort, nicht hier
nur da
für Hermann K.
Ich dichte,
dachte ich.
Doch ich dichtete,
damit ich dachte.
Ich dichtete
mit Bedacht,
damit Gedachtes und Erdachtes
ein Dach bekäme,
ein dichtes Dach.
Dächte ich nach,
ich dichtete
dem Dich, dem Ich
zum Gedächtnis.
Ein Verdacht
verdichtet sich:
“Das ist doch kein Gedicht!”
unter dem Eindruck von György Ligetis Klangteppich „Lontano für großes Orchester“ (1967)
Die Weite des Klangs
verliert sich in
der Weite des Klangs
lang und weit
Die Tiefe des Klangs
verliert sich in
der Tiefe des Klangs
weit und tief
Die Trübe des Klangs
verliert sich in
der Trübe des Klangs
tief und trüb
Die Fülle des Klangs
verliert sich in
der Fülle des Klangs
trüb und voll
Die Dichte des Klangs
verliert sich in
der Dichte des Klangs
voll und dicht
Die Ferne des Klangs
verliert sich in
der Ferne des Klangs
dicht und fern
fern
fern
Ich schreibe über Dich und mich.
Ich schreibe mich an Dich.
Ich schreibe mich zu Dir.
Ich schreibe mich auf Dich.
Ich schreibe mich Dir unter die Haut.
Ich schreibe mich ein in Dich.
Ich schreibe mich aus in Dir.
Ich beschreibe mich mit Dir.
Ich umschreibe mich mit Dir.
Ich erschreibe mich mit Dir.
Ich überschreibe mich Dir.
Ich schreibe mich Dir zu.
Ich verschreibe mich Dir.
Ich verschreibe Dich mir.
Ich schreibe mich ab ohne Dich.
Ich schreibe mich ab von Dir.
Ich überschreibe mich mit Dir.
Ich zerschreibe mich für Dich.
Ich schreibe mich um durch Dich.
Ich unterschreibe Dich mit mir.
Ich schreibe
mich ein
in die Gedichte, die
ich lese.
Ich lese
mich auf
in den Gedichten, die
ich schreibe.
alles im Blick
nichts im Griff
immer nur Unsinn im Sinn
Wer dichtet, ist ein Wortungeheuer,
das in Wörtern
nach Worten taucht.
Wer dichtet, ist ein Wortsammler,
der zwischen Wortfetzen und
treibendem Wortgut
manch Wortschatz entdeckt.
Wer dichtet, ist ein Wortkenner,
der – das Ohr am Wortlaut –
von jeder Wortart
ein Wörtchen zu sagen weiß.
Wer dichtet, ist ein Wortspieler,
der neue Wörter
aus dem Wortschwall schöpft,
der Phrasen
auf dem Wortfeld drischt,
der Sprüche
im Wortbruch klopft.
Wer dichtet, ist ein Wortführer,
der den Wortreichen
ihr großes Wort abschneidet
den Wortmächtigen
das Wort aus dem Mund nimmt
und den Wortlosen
das letzte Wort gibt.
Wer dichtet, ist ein Wortverdreher,
der um Wort und Antwort,
um Spruch und Zuspruch,
um Rede und Gegenrede
nie verlegen ist und
der das Wort ergreift,
um dem Wort das Wort zu reden.
Wer dichtet, ist ein Wortklauber,
der jedes Wort auf die Goldwaage legt,
und sich selbst das Wort im Mund umdreht,
der ins Wort fällt,
der im Wort steht,
der sein Wort hält.
Wer dichtet, den kannst du
beim Wort nehmen, denn
wer dichtet, lässt kein Wort fallen,
wer dichtet, verliert kein Wort.
Wer dichtet, ist ein Wortkünstler,
der dir sein Wort gibt,
weil ihm die Worte fehlen.
nach der Schafskälte
nun noch die Hundstage
der Löwenzahn
nur noch Erinnerung
im Löwenmäulchen
einst Schwanenhals
und Wespentaille
(das hatte ich noch nie)
nun Krähenfüße
und Hühneraugen
(das habe ich noch nicht)
doch nie einen Katzenbuckel
aber dafür jede Menge
Eselsohren in der Gänsehaut