alles neu
macht der Mai:
neue Regierung
neuer Kanzler
neuer Papst
nur meine Gänsehaut
ist noch die alte
Autor: Lyrifant
mein erstes Bad in diesem Jahr
es war mein erstes Bad in diesem Jahr:
der See war blau; und alle Wassertiere waren da
(ihr Dasein war ein stummer Gruß an mich, gewiss):
Herr und Frau Haubentaucher badeten mit mir;
ein Stockentenpaar schwamm etwas abseits;
der Graureiher segelte über mich hinweg;
und das Wasserschlänglein kreuzte meine Bahn –
nur die alte Schildkröte hielt sich im Schilf versteckt;
und auch die Blässhühner waren ungewöhnlich still.
vor allem aber fehltest Du, mein Liebster, mir
zum vollen Glück! denn ohne Dich
ist all das doch nur halb so schön!
Jandls „Wende“, gewendet
Lyrifants Mailied, in Anlehnung an Ernst Jandls „Markierung einer Wende“
202?
mai
krieg
krieg
krieg
krieg
krieg
krieg
krieg
Erwörterungen
Fürwörter provozieren Gegenwörter
Hauptwörter implizieren Nebenwörter
Füllwörter reduzieren Leerwörter
Bindewörter potenzieren Lösewörter
und meine abschließende Worthese:
Stichwörter fabrizieren Flickwörter
Mathematik des Krieges
Krieg addiert:
Tote um Tote und Versehrte
Krieg addiert:
Waffen und scheinbare Werte
Krieg subtrahiert:
Leben von blühender Jugend
Krieg subtrahiert:
Moral von politischer Tugend
Krieg multipliziert:
Schmerz mal Leid
Krieg multipliziert:
Gewinn mal Neid
Krieg dividiert:
Freunde durch Haltung
Krieg dividiert:
Risiko durch Spaltung
Krieg potenziert:
immer Krieg, niemals Frieden
Heuschreckenpazifismus?
„Ermutigende Literatur“ hatte Ule angeregt … hm! 🤔 – daher hier nun ein erster Gedanke in diese Richtung … (obwohl Mutlosigkeit eher meinem derzeitigen Lebensgefühl entspricht … wo ist die Friedensbewegung?)
lasst uns den Frieden
so lukrativ machen,
auf dass sich Kriege
nicht mehr lohnen!
Fischgebet
Komm, Bär Deus, sei du unsre Last
und regne, bis du uns geleeret hast.
Amen
Frohe Ostern allerseits!
Denk ich an Deutschland
Reminiszenz an Heinrich Heine
Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht.
Denk ich an Deutschland mitten am Tag,
Dann fühl ich nur Leid, Angst und Plag.
Denk ich an Deutschland am frühen Morgen,
Dann bin erfüllt ich von Kummer und Sorgen.
Denk ich an Deutschland am späten Abend,
Dann möchte Reißaus nehmen ich – trabend.
Bärenfrühlingshaiku
im Zoo der Bär ist
aus dem Winterschlaf erwacht:
jetzt ist es Frühling!
Binsenweisheit
angeregt von einem Binsen-Foto von Chris auf ihrem privaten Blog „Wort und Stern“ (das ich jetzt aber nicht mehr finde) – und übrigens völlig sinnfrei (offenbar hat mich, je gruseliger das Weltgeschehen wird, der Eskapismus fest im Griff …)
nein, da helfen keine Linsen –
und es gibt auch keine Zinsen:
geht die Beute in die Binsen,
hört der Jäger auf zu grinsen.
丹頂鶴. Ein Kranich-Haiku
In dieses Künstlerbuch mit dem Titel „The Red-Crowned Crane & The End of the World“ von Peter Granser mit Texten von Mari Kashiwagi habe ich mich total verliebt, insbesondere die auf das Wesentliche reduzierten Fotografien der Kraniche, die auf den ersten Blick wie Tusche-Kleckse, auf den zweiten Blick wie Schriftzeichen anmuten, haben es mir sehr angetan. Das Leporello-Buch ist erschienen bei der Edition Taube (dort noch mehr Bilder vom Buch zum Durchblättern) und ist derzeit ausgestellt im Rahmen der auch sonst sehr inspirierenden Ausstellung „Die Welt im Fluss. Über Bewegtes und Vergängliches in der Japanischen Kunst“ im Museum Angewandte Kunst Frankfurt.
mit Kranichzeichen
ans weiße Ende der Welt
zur Stille von Schnee
Frühlingszauber

kein Hokuspokus!
sie stehe an diesem locus
in voller Pracht im Fokus:
die Blüte des Krokus!