Manchmal ist früh morgens
der Tag schon so schwer,
dass bis spät abends
die Nacht in mir bleibt.
Depression
Dem Grau die Farben entlocken
Dieses Gedicht ist inspiriert von dem wundervollen Bild von Silvia Springorum “Dem Grau die Farben entlocken“.
Dem Grau die Farben entlocken.
Dem Dunkel das Licht entspinnen.
Dem Kalt die Wärme entwinden.
Der Stille das Wort abringen.
Der Angst die Hoffnung abtrotzen.
ausgebrannt
für eine liebe Kollegin
früh für’s Leben entbrannt
immer für alles gebrannt
nichts und nie angebrannt
oft die Finger verbrannt
den Kopf bald abgebrannt
der Seele für immer eingebrannt
ausgebrannt
warum nicht
rechtzeitig durchgebrannt?
Nachtschattengewächse
Die Nacht wirft
ihren Schatten
in den Tag.
Der Tag wächst
in den Schatten
der Nacht,
Tag für Tag.
älter werden
länger brauchen
kürzer atmen
schlechter hören
schlechter sehen
besser verstehen
schwerer gehen
leichter nehmen
mehr erinnern
weniger erwarten
viel vergessen
tiefer denken
tiefer fühlen
tiefer leiden
mit der Zeit geizen
das Leben verschwenden
die Seele verkaufen für ein Stückchen Liebe
Loslassen
Wer loslässt,
hat die Hände frei,
heißt es.
Doch was hilft’s
im freien Fall?
Handscheue Zeiten
Es gibt Tage,
da empfindest du
einen bloßen Handschlag oder
einen etwas festeren Händedruck oder auch
ein ausgiebiges Händeschütteln
bereits als körperliche Gewalt.
Es gibt Tage,
da deutest du
jedes Handzeichen
als persönliche Beleidigung.
Jeder Handgriff
wird zur Handgreiflichkeit.
An diesen Tagen
bist du einfach
zu empfindlich gegenüber
dem allzu Handfesten,
dem allzu Handlichen,
dem allzu Handhabbaren.
Da würdest du am liebsten
im Handumdrehen
verschwinden oder
mit einem Handstreich
alles verschwinden lassen.
An diesen Tagen bist du
keine Handbreit bereit
zu handeln.
An Tagen wie diesen bist du
handlungsunfähig –
und verabschiedest dich deshalb
– scheinbar ganz handzahm –
mit einem Handkuss
von jeglicher Handarbeit.
Per aspera ad astra
pechschwarz
pechschwarz
dunkelgrau
dunkelgrau
dulhellgrau
iiixlichtgrau
xxilicht
Perlentaucher
So tauch ich
nach Perlen
in mir
finde ich
nur ein rostiges Wrack
voll mit wertlosem Plunder.
Funkstille
Endlich Stille.
Funkstille.
Funkenstille.
Endlich vorbei der
Funkenflug.
Endlich vorbei der
Funkenregen.
Endlich vorbei der
Funkenhagel.
Endlich nicht mehr im
Funkensturm.
Endlich im
Funkschatten.
Kein Funke sprang
über. Trotzdem
brannte es
überall.
Von meinem Funkturm
funkte ich
Funkzeichen,
Funkspruch über Funkspruch.
Doch wir funkten
auf verschiedenen Funkwellen.
Nur eine Funzel
bringt jetzt noch Licht
in die funkelnde Stille.
Endlich Stille.
Funkstille.
Und in mir wieder
ein Funken Leben.
geschrieben nach der Lektüre der Bücher “Funkstille. Wenn Menschen den Kontakt abbrechen” und “Der Sturm vor der Stille. Warum Menschen den Kontakt abbrechen” von Tina Soliman, die mir gerade sehr helfen, den späten, aber wohl unumgänglichen Kontaktabbruch zu meinen Eltern zu verarbeiten
Zwischen allen Stühlen
Es gibt Leute,
die setzen sich einfach
an den gedeckten Tisch.
Es gibt Leute,
die legen sich einfach
ins gemachte Bett.
Warum nur
sitze ich immer
zwischen allen Stühlen?