Liebe, organisch

Liebe geht durch den Magen,
der Darm muss sie erst einmal verdauen.
Sie setzt uns Schmetterlinge in den Bauch,
verschlägt uns den Atem.
Sie geht an die Nieren,
läuft über die Leber,
speit Blut und Galle,
wenn es sein muss.
Sie macht blind,
vernebelt das Gehirn,
trifft mitten ins Herz.

Nur mit der Milz hat sie nichts am Hut.

Persische Genüsse

Mit Dir
am Berberitzensee
auf dem Feigenteppich
im Bockshornklee –
über uns
der Dattelhimmel,
an dem die Walnusssonne
hinter Mispelwolken
mit Safransaum hervorlugt –
warten wir in Quittenwonne
auf den Pistazienregen
zu vollenden
unseren Granatapfeltraum.

Persische Klänge

Mein Hals,
zurückgebogen
wie der Hals der Ud,
von Dir berührt
im warmen Schimmer ihres seidigen Klangs.

Mein Mund,
leicht geöffnet
wie der Mund der Ney,
von Dir geküsst
unter dem klaren Himmel ihrer Klage.

Meine Brüste,
aufwogend
wie die Brüste der Tar,
von Dir gestreichelt
in der glitzernden Nacht ihres Geflüsters.

Mein Herz,
klopfend
wie das Herz der Tombak,
von Dir angeschlagen
im pochenden Rhythmus des Liebesscheins.

Meine Lenden,
weit ausladend
wie die Lenden der Saz,
von Dir umfangen
im Licht ihres murmelnden Gebets.

Mein Nabel,
klein und rund,
wie der Nabel der Kamanche,
von Deinem Bogen gekitzelt
im blitzenden Glanz des Tanzes.

Meine Haut,
gespannt
wie die Haut der Daf,
von Dir zum Schwingen gebracht
im strahlenden Takt des glänzenden Mondlichts.

Mein Schoß,
offen,
wie der Schoß der Santur,
von Dir bespielt
tauchen wir ein
in den flimmernden See
der persischen Klänge.

Was will ich mehr?

Du baust Nester
aus Mondschnee
und legst sie aus mit Kissen
aus Sternensilber.

Du knüpfst Teppiche
aus Lachperlen
und zauberst Geschichten
aus Sonnengold
mit Worten
aus Kristallblumen.

Du sammelst Steine
aus Lichtwolle
für mich, bunt und voller Töne
und schenkst mir einen Palast
aus Freudenstrahlen
und Liebesfeuer.

Was will ich mehr?

Was heißt es?

Was heißt es,
wenn man sagt:
„Du bist mein Alles.“?

Heißt das: Du bist mein Tisch, mein Stuhl, mein Bett?
Mein Ofen, mein Herd?
Heißt das: Du bist mein Himmel, mein Wasser, meine Erde?
Meine Welt, mein Universum?
Heißt das: Du bist meine Hand, mein Fuß, mein Kopf?
Mein Hemd, mein Kleid, mein Schuh?

Heißt das: Du bist meine Luft zum Atmen,
mein Fenster zur Welt,
mein täglicher Weg?

Heißt das: Du bist der Motor, der mich antreibt?
Die Energie, die mich durchströmt?
Die Kraft, die mich trägt?
Der Geist, der mich erleuchtet?

Und heißt das dann nicht auch: Du bist mein Lachen, mein Weinen?
Du bist mein Glück, mein Unglück?
Du bist meine Liebe, mein Hass?
Du bist mein Leben, mein Tod?

Oder ist das einfach nur eine dumme Redewendung?

Ohne Dich

Eine Nacht
ohne Dich
ist eine kalte Nacht.

Eine Nacht
ohne Dich
ist eine dunkle Nacht

Eine Nacht
ohne Dich
ist eine einsame Nacht.

Ein Tag
ohne Dich
ist ein kalter Tag.

Ein Tag
ohne Dich
ist ein dunkler Tag.

Ein Tag
ohne Dich
ist ein einsamer Tag.

Eine verlorene Nacht.
ein verlorener Tag,
eine Nacht, ein Tag ohne Dich.

Du bist Du

Wärst Du mein Tag,
wäre jeder Tag sonnig und warm.

Wärst Du meine Nacht,
wäre jede Nacht licht und mild.

Wärst Du mein Weg,
wäre jeder Weg einfach und bequem.

Wärst Du mein Leben,
wäre das Leben stets klar und schön.

Aber da Du bist, was Du bist,
nämlich Du,
bist Du mein Halt gebender Begleiter
durch trübe und kalte Tage,
rauhe und dunkle Nächte,
über steinige und steile Wege,
durch ein schwieriges und unsicheres Leben.

Vorsicht vor den Liebesworten

Vorsicht vor den Liebesworten,
sie übertreiben gern.
Vorsicht vor den Liebesworten,
sie verdrehen gern.
Vorsicht vor den Liebesworten,
sie blenden gern.

Vertrau lieber Worten, die
differenzieren,
relativieren,
nuancieren
und dabei versuchen, sich vorsichtig der Wahrheit zu nähern.

Vertrau lieber Worten, die
nicht wie Liebesworte scheinen,
aber Worte sind, die
von der Liebe wissen,
von der Liebe sprechen,
von der Liebe singen,
und dies
differenzierend,
relativierend,
nuancierend –
eben: vorsichtig und aufrichtig:
Vorsichtsworte von der Liebe.

Denn: Vorsicht vor den Liebesworten!
Wähle lieber Worte,
mit viel Vorsicht überlegt,
mit viel Vorsicht formuliert,
mit viel Vorsicht ausgesprochen:
Vorsichtsworte von der Liebe.