ein Palimpsest

tiefe Rillen
ritzt das Leben
in die Rinde meiner Haut:

ganz aufgerauht ist sie
vom vielen Bims
über alten Zeichen,

immer wieder neu
beschrieben, dabei zerrieben fast
zwischen meinen Jahresringen:

ein Palimpsest,

in dem ich lese
und dennoch keines der geheimen Zeichen
zu entziffern vermag

5 thoughts on “ein Palimpsest

  1. Das klingt nach Schmerz. Ganz körperlich. Und nach Verletzung wie Verletztheit, wegen der Sinnlosigkeit dieses Prozesses? Irgendwann passen Außen und Innen nicht mehr zusammen, wie Form und Sinn.

    • Ja, Schmerz. Und Versuch um Versuch, das ewige Ringen um ein gelingendes Leben. Mit der Form hadere ich noch – es wäre natürlich noch schöner, wenn der Text selbst als Palimpsest gestaltet wäre. Vielleicht gibt es ja irgendwann eine verbesserte Version.

      • Nicht so einfach: für ein „echtes“ Palimpsest bräuchtest du ja einen umgebenden bzw. unterliegenden, durchscheinenden Text (Subtext halt 😕) oder eine Art abgeschabte Haut; dass sie im übergelegten Text „nur“ beschrieben wird, empfinde ich auch als unvollkommenen Ersatz. Da hast du dir aber richtig was vorgenommen!

  2. Das erinnert mich an die Zeit, als ich in die Schule kam und wir noch auf Schiefertafeln (statt auf Papyrus) geschrieben haben. Das wurde, wenn die Aufgabe fertig geschrieben und vorgezeigt war, auch wieder weggewischt. Aber die Griffel waren oft so hart, das sie Kratzer im Schiefer hinterlassen haben: und das war auch nicht mehr komplett entzifferbar, so viel Mühe wir uns auch gegeben haben.
    Leben heißt ja auch: Altes wegwischen, Platz für Neues machen, vielleicht eine Zeit lang stehen lassen und anschauen, verbessern, ergänzen, bunt unterstreichen oder einrahmen und so einbinden, was die Zeit (oder das Leben) uns gelehrt hat.

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