verstehen wollen
was nicht zu verstehen ist
weil es nicht verstehbar sein soll:
wem das verstehen können
versagt bleibt, dem bleibt
nur unverständnis und wo
kein verständnis mehr ist
dort ist bald auch
kein verstand mehr
der dir raten kann
niemals damit aufzuhören
verstehen zu wollen
was nicht zu verstehen ist
weil es nicht verstehbar sein soll
Dieser Text hält mich fest im Verstehenwollen. Ich glaubte ihn zu verstehen und hatte ihn doch nicht verstanden. So drehe und wende ich ihn und finde mich immer wieder auf meiner Spur und nicht auf deiner: Spontan und immer noch lese ich ihn als mögliche Reflexion von Kunst, künstlerischer Verrätselung, enigmatischer Literatur zum Beispiel. Deine Schlagwörter verblüfften mich: Bezug zu Attentat und Terror? Neu lesen … die Verwirrung und das Ringen um Orientierung kann ich nun auch verstehen, wäre aber spontan nicht drauf gekommen: Deutungsoffenheit von guter Lyrik – machtlos vor der Beschränktheit der Leserin mit Tunnelblick.
Es ist ein Versuch, sprachlich einzufangen, was mich angesichts solcher Anschläge, denen ich keinen Sinn mehr abgewinnen kann, beunruhigt – auch die Angst vor selbst nicht mehr einsichtigen Folgen. Doch es steht der Leserin / dem Leser stets frei, einem Gedicht seine eigene Sinnspur einzuschreiben – das ist Rezeption; und die bewusst auf konkrete Hinweise verzichtende Formulierung legt andere Lektüren ja auch nahe.
Abgesehen von den Ereignissen selbst sorge ich mich ebenfalls wegen der Folgen daraus. Wenigstens die Offenheit der Texte ist dadurch (noch) nicht gefährdet – aber als Trost ist es nicht stark genug.
manchmal kann ich es einfach nicht verstehen, auch wenn ich mich darum bemühe…
dein gedicht gibt das gedankenkreisen um das verstehenwollen sehr gut wieder!
liebe grüße
gabriele