Eine Pantun-Variation von Heinrich von Morungen
ich bin iemer der ander
niht der eine
ich bin iemer ander
und niht eine
niht der eine
bin ich iemer eine
und niht eine
und niht eine
ich bin iemer eine
ich bin iemer ander
und niht eine
ich bin iemer der ander
Das Pantun gehört für mich zu den großen Entdeckungen beim #frapalymo diesen November. Etwas freier gehandhabt scheint es mir die passende Form zu sein für einen Satz Heinrichs von Morungen (Lied XI, MF 131,25), den die Handschriften in drei Varianten überliefern: “Ich bin iemer der ander, niht der eine” (wird übersetzt mit: ‘Ich bin immer der zweite, nicht der einzige’), “Ich bin iemer ander und niht eine” (wird übersetzt mit: ‘Ich bin immer zu zweit und nicht allein’) und “Ich bin iemer eine und niht eine” (könnte man übersetzen mit: ‘Ich bin immer allein und nicht der einzige’). Aber das Sinnspiel mit “ander” (‘der zweite’, ‘einer von zweien’, ‘der andere’, ‘der nächste’) und “eine” (‘der eine’, ‘der einzige’, ‘allein’) geht meines Erachtens noch viel tiefer… – insofern ist es leider nicht wirklich übersetzbar.
Dein Pantun mit all den verschiedenen Bedeutungsebenen durchzuspielen, führte in eine Vielfalt, die annähernd ein Menschleben umreißt. Kunst- und reizvoll, ein gutes Team, der Heinrich und du.
Weiß nicht, ob Heinrich so entzückt wäre… da ich mit diesen Versuchen ja eigentlich seine ihm ganz eigene “Poetik des schouwens” völlig ignoriere (entschuldige, Heinrich!). Ursprünglich wollte ich eigentlich einen Morungen-Zyklus machen (und dies eigentlich auf Neuhochdeutsch), aber durch Sophies #frapalymo hat die Sache dann eine ganz andere Wendung genommen. Aber noch ist ja nicht aller Tage Abend…